Immer wieder sehe ich wie Kollegen Muttern und Schrauben verdengeln weil sie Werkzeug ungeschickt einsetzen oder einfach auch nur billigen Schrott verwenden.
Wie das Werkzeug aussieht ist relativ egal. Ob hochglanzpoliert mit vergoldetem Griff oder in Sandstrahloptik tut kaum etwas zur Funktion.

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Mein Kram ist teilweise 30 und mehr Jahre alt und wurde verschiedentlich bereits böse mißbraucht, doch von den hochwertigen Teilen ist keines defekt.
Billige Nüsse sind bereits gebrochen, zu lumpige Ringschlüssel haben 6-kt-Schraubenkopfe in Rundköpfe verwandelt oder sind gerissen und Knebel sind nicht mehr ganz gerade.Zuerst mal ein paar Grafiken um die "Problematik“ zu veranschaulichen. Als Beispiel verwende ich in der Folge immer die Schlüsselweite SW10 und einen entsprechenden 6-kt Schraubenkopf.
Die Abmessungen sind der DIN 475 entnommen, die Maßeinheit ist Millimeter.


Herstellung

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Der Schraubenkopf wird in der Regel durch Umformen hergestellt. Etwas flapsig gesagt wird das Material erwärmt und dann haut ein Hammer mit einer "Vertiefung“ die dem Negativ des Kopfes entspricht oben drauf. Das warme Material wird durch den Druck noch wärmer, verformt, paßt sich der "Vertiefung“ an, und fertig ist der Schraubenkopf.
Leicht vorstellbar, dass es schwieriger ist diese "Vertiefung“ exakt passend zu machen als sie "so ungefähr“ herzustellen.
Bei den Schlüsseln ist es ähnlich. Ein warmes Stück Metall kommt in eine Form und ein Gegenstück mit der künftigen Werkzeuginnenkontur haut drauf (Gesenkschmieden). Ein ähnliches Prinzip wie beim Locher. Verwendet man billige Formen wird's eben nicht so genau. Wird dann noch minderwertiges Material verwendet hält das Werkzeug später nix aus. Dazu kommt das Problem, dass sich selbst hochwertige Schmiedeformen in Kombination mit hochwertigen Stahl schnell abnutzen also häufig überarbeitet werden müssen um exaktes Werkzeug produzieren zu können. Eventuelle Nacharbeit ist um so preiswerter je billiger das zu bearbeitende Material ist und je größer die Toleranzen sein dürfen.


Schraubenkopf

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Die Masse des Kopfes (Bild1) dürfen das Nennmass (also 10,000) nicht überschreiten, toleriert ist die sogg. "Reihe1“ mit h13, sie darf also höchstens 0,220 kleiner sein. (0,270 bei Reihe2).
Die Ecken ganz exakt herzustellen ist nicht einfach weil das Material nicht so gut fließt wie man sich das wünscht und auch die zugehörigen Schraubenschlüssel in den Ecken nicht immer ganz exakt sind. Also gesteht man dem Schraubenkopf "runde“ Ecken zu und definiert einen Umkreis mit Durchmesser "s“.
Schrauben die ähnlich aussehen aber diese Bedingungen nicht erfüllen (da hab' ich schon einige gesehen) sind keine Schrauben nach Norm, sondern undefinierte Verbindungselemente.


Schraubenschlüssel
Ringschlüssel mit SW10 und 6-kt (Bild2) müssen natürlich etwas größer sein sonst würden sie nicht über den Schraubenkopf passen. Hier ist eine Minimalgröße von 10,04 festgelegt. Für die Maximalgröße gelten wieder 2 Grössen 10,190 für R1 (10,24 für R2).
Für Ringschlüssel mit SW10 und 12-kt (Bild3) gelten die gleichen Toleranzen.

Bild 4 veranschaulicht die Kombination 12-Kt-Ringschlüssel / Schraube mit jeweils maximaler Toleranz. Leicht vorstellen lässt sich wenn ein billiger, an seinen Kanten abgenutzter Ringschlüssel auf eine weiche, festsitzende Schraube trifft (Bremsentlüftung). Ein Griff und der Schraubenkopf ist rund!

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Bild 5 zeigt die Kombination 6-Kt-Ringschlüssel / Schraube mit jeweils minimaler Toleranz. Erst im Detail lässt sich erkennen, dass da noch Luft zwischen beiden Teilen ist. Warum die damit übertragbaren Kräfte größer und die Beschädigungsgefahren kleiner sind braucht wohl nicht näher verläutert zu werden.
Mit 6-kt Schlüsseln (und natürlich auch 6-kt Nüssen) lassen sich wesentlich höhere Kräfte übertragen ohne den Schraubenkopf zu beschädigen

6-kt10
6-kt10

Sonderformen
Dann gibt es da noch etliche Sonderformen die allesamt den Kraftschluss der Werkzeuge an den Schraubensechskanten verbessern sollen. Einen davon zeigt die Skizze. Die Flächen in der Nuss sind nicht gerade sondern gekrümmt. So werden nicht nur die Schraubenecken eingeklemmt, sondern das Schlüsselprofil greift an der seitlichen Kopffläche an.

Praxis
Bild 6 zeigt einen 36 Jahre alten, geschmiedeten Ringschlüssel und einen 25-jährigen Bremsleitungsschlüssel. Ignoriert man die "etwas“ mitgenommen aussehenden Oberflächen, ist in Bild 7 zu sehen, dass die "Arbeitsflächen“ fast unverbraucht sind.
Alle Schrauben an den Bremsleitungen sind weich, deshalb der 6-kt!
In Bild 7 ist links eine geschmiedete 6-kt Nuß zu sehen, rechts eine "todschick“ polierte und verchromte 12-kt Nuß. Von den "todschicken“ habe ich mal einen Kasten voll geschenkt bekommen. Alle gängigen Größen sind nur noch tod (geplatzt) und zum Alteisen gewandert. Sie sind zwar wenigstens aus nicht allzu schlechtem Material feingegossen aber langfristig sind diese billigen Dinger doch recht teuer (OK, sie wurden mir ja geschenkt…)

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