Es schaut relativ einfach aus, kann aber etwas tricky sein.
Prinzip:
Das untere Befestigungsauge des Dämpfers sitzt in einer "Gabel“ der Hinterradschwinge und wird von einer Schraube gehalten.
Nachdem das Auge eine Längentoleranz hat, aber spielfrei sitzen muss, die "Gabel“ aber so dimensioniert ist, dass sie unmöglich von der Schraube geklemmt werden kann, ist eine verschiebbare Passbuchse aus Aluminium mit eloxierter Oberfläche in der Konstruktion enthalten. Dieses wird durch die Schraube an das Dämpferauge gepresst und sitzt so straff in seiner Führung, dass Bewegungen seitlich zur Schraubenmittellinie praktisch spielfrei auf die Schwinge übertragen werden.
Einige Probleme können auftraten.
In die Passung dringt (Salz-) Wasser ein. Nachdem nur die Passbuchse eloxiert ist, die Gegenfläche aber überhaupt keinen Oberflächenschutz hat kann es leicht zu Oxidation kommen. Oxidschichten auf Al "blühen“ auf und klemmen die Passung zusätzlich.
Dreck kann in die Passung und die Spalte gelangen, die Passbuchse kann am Dämpferauge "festkleben“.
Die Effekte:
Das Schiebestück und u. U. sogar die Schraube sitzen bombenfest.
Zum Ausbau:
Hinterrad ausbauen. Eigentlich geht es ohne den Auspuff abzubauen, aber auch das KANN notwendig werden.
Die Befestigung des oberen Auges sollte vollkommen unproblematisch sein. Hier kann einstweilen die Mutter gelöst werden. Dann die Umgebung des unteren Auges säubern, Kriechöl zwischen Dämpfer und "Gabel“, versuchen die Schraube zu lockern und das Ganze für eine Nacht "vergessen“.
Zuerst die untere Schraube ausschrauben, dabei die Schwinge etwas nach oben drücken, da sie sonst die Schraube klemmt. Lässt sich das Federbein problemlos lockern, d.h. die Schwinge etwas nach unten bewegen oder das untere Ende in Richtung Hinterachse ziehen war dieser Schritt einfach.
Im äussersten Fall die Schraube ausdrehen und das untere Ende des Federbeins mit einem Hebel aus der Klemmung befreien. Dabei zumindest an der Schwinge etwas „Weiches“ zwischenlegen um Kerben zu vermeiden.
Erst wenn das untere Ende lose ist, auch die obere Schraube entnehmen.
Nachdem der Ausbau bereits nach 1,5 Jahren wesentlich schwieriger war als beim Neufahrzeug, wollte ich die Passbuchse komplett herausbauen um die Oberflächen zu kontrollieren und ggf. nachzuarbeiten.
Durch den anfänglichen Versuch die Befestigungsschraube zum Ausdrücken gemäss „2“ zu verwenden, war das Innengewinde der Schwinge etwas verdrückt weil ich nur (zu) wenige Gänge einschrauben konnte um noch genügend Gewindelänge für die Mutter zu haben. Also mal "eben schnell“ dieses Durchgangsgewinde nachschneiden. Haushaltsübliche Gewindebohrer funktionieren mangels genügender Länge leider nicht.
Also ein Abdrückwerkzeug „1“ gebastelt. Dazu genügt eine Schraube, eine Mutter, ein Stück Rohr und einige Scheiben.
Die Methode „2“ funktioniert wenn man eine genügend lange Schraube hat UND diese mit einer Kontermutter+Scheibe im Gewinde festsetzt. Dadurch wird der auftretende Druck nicht nur auf das Gewinde übertragen. Geschraubt wird an der „hellblauen“ Mutter, gegengehalten an der Schraube.
Fachlich am besten ist die Methode nach 3. Alle Kräfte werden gegeneinander abgefangen, falls das Schraubengewinde überlastet würde kann man einfach eine neue nehmen.
Das dünnere Rohrstückchen kann bei „2“ und „3“ auch durch eine Handvoll Scheiben ersetzt werden. Sie und auch Muttern M10 passen durch die Bohrung der Schwinge.
„4“ deutet die Notlösung an bei der zuerst die Passbuchse geschlitzt wird.
Erkenntnis:
Der erste Versuch war schlecht. Faulheit zahlt sich nicht aus. Ich befürchtete das Gewinde zu verdrücken und ich habe es verdrückt (Murphy :-) ).
Bei mir dann allerdings auch, weil das Schiebestück doch schon so weit ausgedrückt war, dass sich die lange Schraube nicht mehr am Auspuff vorbeifädeln liess……
Für diejenigen die glauben, dass man zur Not das Federbeinauge auch mit ein paar Feilstrichen „nacharbeiten“ kann wenn sich die Passbuchse nicht bewegt:
Wenn die Hülse das Federbeinauge nicht gegen die Schwinge presst, ist Spiel im System. Die 10er Schraube hat Untermass, hat also nicht Durchmesser 10 sondern insbesondere am Gewinde ca. 9,9. Das Auge, mit einem Durchmesser grösser als 10 (10,2), lagert teilweise auf dem Gewinde. Das geht nicht anders weil es eine Normschraube ist und man sie nicht exakt bis zum Gewindeende eindrehen kann. Dazu bräuchte es eine Durchgangsschraube (=vollkommen andere Konstruktion).
Also ist da mal angenommen 3/10 Luft. Das Anlenkverhältnis Dämpfer/Schwingendrehpunkt zu Radmitte/Schwingendrehpunkt beträgt grob geschätzt 4,5. Wenn also das Federbein um 3/10 "klappern" kann bleibt das Rad auf 1,35 mm Weg ungedämpft und "hüpft einfach rum". Dagegen hilft dann auch kein Öhlinsbein!
Folglich MUSS das Schiebestück das Federbeinauge anpressen wenn man das Federbein optimiert.
Ich habe bisher noch nie erlebt, dass sich das Ding mit einer Ausziehvorrichtung nicht herausnehmen liess.
Falls doch, kann man es mit einer Säge schlitzen (grob geht's erst mal mit einer Stichsäge, dann von Hand mit dem Sägeblatt einer Puksäge) um die Spannung herauszunehmen und dann ausziehen. Das dauert länger als 10 Minuten!
Das Neuteil (identisch bei 1150 und 1200) kostet ca. 15 EUR (2015/05)
Für die Freunde von Drehmomentvorgaben: Das angegebene Drehmoment setzt voraus, dass die Passbuchse gängig ist.
Entschluss:
Nach dem Zusammenbau wird die Schiebefläche geschützt. Ich habe mich für eine Wachsschicht entschlossen. Zuerst alles montieren, dann mit einer dicken Schicht Sprühwachs wie es zum Unterbodenschutz verwendet wird zukleistern. Nachdem mein Mopped relativ häufig den Dampfstrahl erlebt, muss da gelegentlich "nachgesprüht“ werden.
Links:
4V Federbein hinten wechseln
4V Federbein vorne wechseln