Sichere Schraubenverbindungen sind ein Qualitätsmerkmal der Produktkonstruktion.
Schraubenverbindungen, die in vorgeschriebenen Wartungsintervallen überprüft oder nachgezogen werden müssen, sind meist schlechte Verbindungen oder Schwachstellen. Besser gesagt kosten unsichere Schraubverbindungen Geld und Produktimage. Eine konstruktiv richtig ausgelegte Schraubverbindung, die zuverlässig montiert ist, sollte ohne jegliche Schraubensicherung auskommen. Die auftretenden Klemmkräfte der Schraube müssten zu jedem Zeitpunkt ihrer Lebensdauer Relativbewegungen verhindern.
Doch ist das nicht immer so, besonders Schraubenverbindungen, die rüttelnden oder vibrierenden Belastungen unterliegen (vor allem quer zur Achse), -neigen dazu, sich, selbsttätig zu lösen.
Speziell kurze Schrauben sind unter dynamischer Belastung lösungsgefährdet. Schraubenverbindungen, deren Schraubenlänge unterhalb 4 x Durchmesser liegt, haben eine zu geringe Elastizität und deshalb führen wechselnde Belastungen bei solchen Schrauben häufig zum selbsttätigen Losen. Das Ergebnis, wie z.B. Verlust der Schraube oder sogar Dauerbruch, ist bekannt. Mit geeigneten Schraubensicherungen lassen sich solche Problemfälle in problemlose Verbindungen umwandeln.
Die Ursache ist eine erzwungene Relativbewegung durch wiederholte elastische Verformungen der miteinander verschraubten Teile oder durch Querverschiebung. Die Grundlage dafür ist ein physikalisches Gesetz: Denn wird die Reibungskraft zwischen zwei Körpern in einer Richtung überwunden, so kann eine zusätzliche Bewegung in anderer Richtung durch Kräfte eingeleitet werden, die kleiner als die Reibungskräfte sind. Wenn man dies auf eine Schraubverbindung übertragen würde, hieße das: Werden durch erzwungene Relativbewegungen in der Schraubenverbindung die Reibungskräfte überwunden, gibt es keine Selbsthemmung mehr, mit der Folge eines selbständigen Losdrehens.
Die Antwort auf „wozu“ ist also relativ trivial: Die Schraube soll sich nicht von selbst und auch nicht durch Einflüsse die bei ihrem normalen Einsatz vorkommen lösen.
Diejenige auf „wie“ ist interessanter.
Das Bild zeigt das Verhalten einer ungesicherten Schraube und einer Sicherungsschraube in einem dynamischen Versuch. Schon nach 180 Lastwechseln hat sich die ungesicherte Schraube selbsttätig gelöst, die Schraubenverbindung ist locker. Im Gegensatz dazu zeigt die Sicherungsschraube nach einem anfänglichen Setzen eine konstante Sicherungswirkung.
Neben diesen gibt es noch die zuverlässigen Ganzmetallsicherungsmuttern (DIN 980), Schrauben mit Verriegelungszähnen, oberflächenverfestigende Haftschrauben, etc..
Wie kann man das Lösen verhindern oder zumindest mildern?
Sichern, aber wie?
Grundsätzlich können Schrauben unter dem Kopf oder im Gewinde gesichert werden. Dabei gibt es eine Menge verschiedener Möglichkeiten.
Konstruktive Methoden
Da sind zuerst einmal die konstruktiven Möglichkeiten, wie z.B. Vergrößerung der Vorspannkraft, größere Schraubendurchmesser, größere Klemmlänge mit möglichst über 6 x Durchmesser (hat nichts mit der Gewindelänge zu tun!!), kleinerem Elastizitäts-Modul des Schraubenwerkstoffes sowie Einsatz von Passschrauben u.v.a.
Die Schrauben mit einem bestimmten Drehmoment anzuziehen ist, wie bereits erwähnt, ohnehin Voraussetzung. ALLE Schrauben sollten, abhängig von ihrer Grösse und der Materialpaarung entsprechendem-Drehmoment angezogen werden. Die Schraube wird dabei - im Sinn des allgemeinen Maschinenbaues – nur im elastischen Bereich gedehnt. Die Gewinde werden gegeneinander verspannt („verbogen“). Das Drehmoment ist natürlich nicht nur von der Schraube abhängig. Hochfeste Schrauben z.B. in Aluminiumgewinden sind sinnlos weil das Al der möglichen Vorspannkraft nicht standhält. (LINK Dremoment)
Mechanische Methoden
Als zweites gibt es die vielen verschiedenen Sicherungselemente und -verfahren. Dazu muss bereits vorab gesagt werden, dass die nachfolgend genannten Elemente bei hochfesten(!) Schrauben keine Sicherungswirkung zeigen. Im Zusammenhang mit vergüteten Schrauben muss sogar vor dem Einsatz von Federringen, Federscheiben, Zahnscheiben, Fächerscheiben, Sicherungsblechen und Kronenmuttern mit Splinten als Sicherungselementen gewarnt werden.
Bekannt sind Bauteile zum Unterlegen des Schraubenkopfes. Sprengring, Fächerscheibe, Schnorrsicherung, etc.. dienen dazu dessen Reibung gegen das Bauteil zu vergrössern oder ihn gegen das Gegenstück zu verspannen.
Selbstfurchende Schrauben als Mittelweg
Das klingt erst mal nach „billiger Blechschraube“, muss aber nicht so sein. Meist ist die Blechschraube ohnehin eine schneidende Schraube, fällt also gar nicht unter diese Kategorie. Allerdings habe die selbstfurchenden Schrauben diese Eigenschaft nur bei ihrer ersten Anwendung. (LINK Schraube gewindefurchend)
Dehnschrauben sind eine weitere Möglichkeit.
Die Dinger haben zwischen ihren Enden einen verjüngten Schaft und werden so fest angezogen dass dieser tatsächlich minimal gedehnt wird, also wie eine Feder wirkt. Sinnlos ist das wenn das verspannte Material nachgibt (Knetgummi). Mit Vorsicht zu geniessen ist auch, wenn sich das verspannte Material (z.B. festes AL) bei Wärme stärker dehnt als die Schraube. Dann wird die Verschraubung u.U. über ihre Grenzen beansprucht und entweder die Schraube reisst oder das Gewinde im Leichtmetall gibt nach.
Typisches Beispiel sind die bei BMW die Stehbolzen („Stiftschrauben“) mit denen Zylinderkopf, Zylinder und Motorgehäuse miteinander verschraubt werden.
Was sich von selbst erklärt: Dehnschrauben brauchen eine gewisse relative Länge weil sonst kein definierter Dehnschaft realisiert werden kann.
Chemische Methoden
Wie aber wird z.B. eine Stahlschraube in einem AL-Gewinde „richtig“ fest? Das maximale Drehmoment ist relativ gering weil sonst das Stahlgewinde der Schraube das Leichtmetallgewinde ausreisst.
Die Lösung sind Sicherungsschrauben mit bereits von ihren Herstellern aufgebrachten, mikroverkapselten Klebern.
Die Variante dazu ist, volkstümlich gesagt, die Schrauben konventionell festzukleben. Nichts anderes tun Loctite und seine Verwandten. Hochfestes Loctite entspricht einer Verklebung mit 2-Komponentenkleber! Auch UHU-Plus löst sich wenn man die Klebstelle auf über 150Grad erwärmt.
Verkleben hilft sichern
In der Praxis haben sich anaerobe Kunstharze oder mit Epoxidharzen verklebte Gewinde als Sicherungen gegen Losdrehen hervorragend bewährt. Das bieten beispielsweise die Verbus-Plus- bzw. Inbus-PlusSchrauben (Baur & Schaurte) mit dem Vorteil des beliebigen Austausches bisher verwendeter Normteile, ohne dass irgendwelche Änderungen in der vorhandenen Konstruktion durchzuführen sind. Und dies funktioniert in etwa so: Nach voller Aushärtung der Klebstoffe — meist etwa 24 Stunden — entsteht im Gewinde ein Quasiformschluß und eine wesentliche Erhöhung der Reibungskräfte bei einem gewaltsamen Zurückschrauben. Dadurch werden Relativ- und Kippbewegungen verhindert, so dass ein selbsttätiges Losdrehen nicht mehr eintreten kann.
Die Klebstoffe sind in Mikrokapseln (Bild1) eingeschlossen und werden bereits beim Schraubenhersteller auf das Gewinde aufgebracht. Die Kapseln brechen erst während des Einschraubvorganges auf und geben dann den Klebstoff frei. Dadurch erhöht sich der Reibwert im Gewinde aber nur unwesentlich, so dass die Schrauben mit normalem Anziehdrehmoment angezogen werden können. Sie erreichen dennoch die Vorspannkraft unbeschichteter Schrauben
Einfacher kann man eine Schraubenverbindung in der Serienfertigung gegen das selbsttätige Losdrehen nicht mehr sichern. Dabei braucht der Anwender auch nicht mehr das Gegengewinde ölfrei zu machen, denn die Schrauben sind unempfindlich gegen Öl und Fett. Auch ist für den Einbau keine besondere Montagevorschrift oder -richtlinie notwendig. Einfach einsetzen wie normale unbeschichtete Schrauben. Weiterhin ist interessant, dass die Schrauben wiederverwendbar sind, denn auch bei zweimaligem Einschrauben ist eine ausreichende Sicherungswirkung gegeben. Sie sind beständig gegen Hydrauliköl, Benzin, Äthylen, Glycol, Salzwasser und außerdem unabhängig von der Werkstoffoberfläche sowie von der Härte der verspannten Teile. Ein Nebeneffekt: Der Klebstoff wirkt sogar als Dichtungsmasse.
Wie ist die Tabelle zu lesen? Z.B. wird eine Sicherungsschraube M10 Güte 8.8 das erste Mal mit 49Nm angezogen, so ist sie mit 2620 N vorgespannt. Wird sie nach dem Aushärten gelöst und dann erneut (sogar mit 57 Nm) angezogen, so erreicht sie nur noch eine Vorspannkraft von 24200 N. Die „restliche Kraft“ wird verbraucht um den Widerstand der bereits ausgehärteten Beschichtung zu überwinden. Konstruktiv kann es daher notwendig sein die Schraube zu erneuern oder ihr Wert ist so berechnet, dass die Schraube 3 mal verwendet werden kann (>> „Gebrauchsanleitung“ beachten).
LOCTITE als Synonym für die flüssigen Schraubensicherungsmittel
Die Wirkungsweise entspricht derjenigen bei verkapselten Sicherungen, nur wird das Sicherungsmittel vor dem Verschrauben auf ein beliebiges Gewinde aufgetragen. Praktisch alle Mittel sind in verschiedenen Festigkeitsgraden erhältlich.
Als Beispiele:
LOCTITE 22 wird zum Sichern und Dichten von Gewindeverbindungen eingesetzt, die mit normalem Handwerkzeug leicht demontierbar sein müssen. Das Produkt härtet unter Luftabschluss zwischen enganliegenden Metallflächen aus und verhindert selbständiges Losdrehen und Undichtheiten durch Stöße und Vibrationen. Eignet sich besonders zur Justierung von Stellschrauben oder Schrauben mit kleinem Durchmesser oder langen Gewinden, die eine einfache Demontage ohne Abscheren der Schraube erfordern.
LOCTITE 222 Durch sein thixotropes Verhalten verringert LOCTITE 222 das Abwandern des flüssigen Produktes nach der Auftragung auf das Bauteil.
LOCTITE 243 Schraubensicherung - mittelfest. Universell einsetzbar. Geeignet für alle Gewindeverbindungen aus Metall
LOCTITE 270 Schraubensicherung - hochfest. Dauerhafte Sicherung. Geeignet für alle Gewindeverbindungen aus Metall
Temperatur begrenzt Anwendungsbereich
Wichtig für den Einbau ist, dass die Schrauben eine Klebesicherung auf Kunststoffbasis haben, deren Anwendung durch die Betriebstemperatur begrenzt ist. Bis max. + 90 'C können sie als Sicherung eingesetzt werden. Für höhere Temperaturen sind sie nicht geeignet. Ferner ist noch zu beachten, dass die Teile im unverbauten Zustand gegen Nässe zu schützen sind und bei möglichst gleichbleibender Temperatur gelagert werden müssen. Eine mit diesen Sicherungen hergestellte Verbindung ist nach 24 Stunden bei + 20°C oder nach 15 Minuten bei +70°C voll funktionsfähig.
Links
Schraube-gewindefurchend
Dehnschraube
Schraubensicherung-mit-Klebern
Schraubensicherung
Schrauben-mit-Drehmoment-festziehen