not oknot ok Lastwechsel und Lastwechselreaktion

Der Versuch einer Definition

An Extremen nicht ganz wissenschaftlich aber hoffentlich verständlich erklärt:
Tuckert der Motor im Leerlauf, so ist er „ohne Last“. Gibt man Vollgas so ist er „unter Vollast“. Nimmt man das Gas wieder weg so ist er „ohne Last“. Der jeweilige Übergang ist ein Lastwechsel.
Nimmt man beim in Bewegung befindlichen Fahrzeug nicht nur das Gas weg sondern knallt gleich voll in die Bremse, dann muss man das “Gesamtpaket“ betrachten. Ein Lastwechsel hat nicht nur mit dem Motor zu tun sondern z.B. auch mit einem Bremsvorgang.
Eine „Last“ kann also (u.A.) von Motor oder Bremse verursacht werden. Interessant ist die Wirkung auf das gesamte Mopped.
Zur vereinfachten Darstellung wird die gesamte Masse auf einen Punkt, -den Schwerpunkt- konzentriert, Kräfte am Reifen greifen am Berührungspunkt zwischen Reifen und Asphalt, dem Aufstandspunkt an.

Meist sind Lastwechselreaktionen gemeint wenn von „Lastwechsel“ die Rede ist

Wheelie

Bolzen

Es kommt es darauf an wo der Schwerpunkt ist. Eine Beschleunigungskraft (rt) wird über den Reifen übertragen.
1 Annahme (sw). Die Kraft wirkt vom Aufstandspunkt geradlinig auf den angenommenen Schwerpunkt 1. Es ergibt sich notgedrungen eine senkrechte Komponente. Ist diese grösser als die Gewichtskraft (das Gewicht Mopped + Besatzung) so hebt sich das Vorderrad.
2 Annahme (bl). Ist ein anderer angenommener Schwerpunkt höher und vielleicht auch weiter hinten, so wird die senkrechte Kraft grösser.
3+4 Annahme (or+gn). Der Radstand ist grösser, alle angenommenen Schwerpunkte verschieben sich etwas nach vorn.
Bei beiden Beispielen ist zu sehen, dass sich die senkrechten Anteile deutlich verringern.
Folglich wird man eine Harley, möglichst mit langer „Easy-Rider-Gabel“, kaum zu einem Wheelie bewegen können (tiefer Schwerpunkt, wenig Leistung, bleischwer).

Stoppie
Im Grunde genommen ein umgedrehter Wheelie. Als „Antrieb“ dient die in Bewegung befindliche Masse.
Das Vorderrad wird am Aufstandspunkt „vom Asphalt festgehalten“. Die Masse, konzentriert im Schwerpunkt dargestellt, will „weiter“. Je höher der Schwerpunkt desto leichter dreht sich die komplette Fuhre um die Achse des Vorderrads. Zum Einleiten eines Stoppies steht man folglich am besten (Schwerpunkt hoch und vorn).

Wie weit/gut Wheelie, bzw. Stoppie glücken hat nichts mit dem Lastwechsel zu tun.

Eine extreme Erklärung anhand eines Skatebords:
Ein Fahrer steht auf seinem Skatebord und das ganze „System“ ist in Ruhe.
Jetzt tritt ein Anderer unten mit voller Wucht gegen das Skatebord um es zu beschleunigen (Lastwechsel. Egal ob man den Fahrer vorwarnt und „jetzt“ sagt oder „einfach so“ tritt, wird dieser mehr oder weniger unsanft absteigen. Seine Masse will dort bleiben wo sie ist (den augenblicklichen Zustand nicht ändern), das Skatebord wird beschleunigt. In kürzester Zeit befindet sich der Schwerpunkt nicht mehr über dem Skatebord und . . . Das schafft sogar ein 5-Jähriger wenn er voll zutritt.
Anders herum:
Das Skatebord rollt und wird abrupt z.B. von einer Kante gestoppt. Die Masse des Fahrers möchte sich gleichbleibend fortbewegen und sein Schwerpunkt befindet sich plötzlich vor dem Schwerpunkt. Die Intelligenz des Fahrers sagt „oops, da muss ich rennen“. Leider kann er u.U. nicht so schnell rennen wie fahren. Einem solchen „Stunt“ habe ich schon zugesehen und danach erste Hilfe geleistet.

Antriebsstrang
Erst mal eine kurze Beschreibung. In ihm sind etliche Bauteile „lose“ verbunden.
Es gibt diverse gesteckte Verzahnungen, einige Dämpfungsglieder verdrehen sich elastisch und Zahnräder kämmen miteinander und haben dabei (beabsichtigtes) Spiel.
Eine Verzahnung sollte sich theoretisch überhaupt nicht bewegen weil sie lediglich dazu dient zwei Teile zu koppeln. Praktisch ist das unmöglich weil sie sich sonst nicht stecken/lösen lassen würde, folglich hat sie bereits konstruktiv (geringes) Spiel.
Kupplungsscheibe Getriebeeingangswelle drehfest aber verschiebbar verbunden.
Getriebeausgangswelle Kardanwelle
Längenausgleich der Welle
Kardanwelle HAG..

Zudem ist ein Dämpfungsglied in Form eine Elastomerverbindung vorhanden Die Kardanwelle kann darin etwas verdreht werden.
Im Getriebeeingang kann sich die Eingangswelle etwas in ihrem Ruckdämpfer verdrehen.

Jedes Zahnradpaar des Getriebes hat Spiel zueinander und, soweit eines als Schiebe- oder Losrad ausgebildet ist, auch zu seiner Welle.
Auch Ritzel und Tellerrad im HAG haben Spiel.
Zahnradspiele sind normalerweise um ein Vielfaches grösser als die in den Steckverzahnungen.

Treibt der Motor das Fahrzeug an, sind alle Zahn-Verzahnungsflanken in „Fahrtrichtung“ aneinandergepresst, alle Dämpfungsglieder sind in „Fahrtrichtung“ verdreht/gespannt.
Erfolgt ein Lastwechsel so kehrt sich das System um. Das Rad versucht den Motor anzutreiben („Motorbremse“), alle beschriebenen Flanken liegen auf ihrer Gegenseite aneinander und die Dämpfungselemente werden in die Gegenrichtung gespannt. Je nach eingelegtem Gang kann das schon mal eine viertel Radumdrehung ausmachen.
Falsch ist die Meinung es sei eine kardanbedingte Reaktion. Auch bei der Kette ist das Verhalten zu sehen. Sobald der Kettendurchhang „eingeholt“ ist, bremst auch hier das Rad den Motor.

Längs eingebauter Motor
Steht man an der Ampel, hat die Beine unten und gibt einen kurzen Gasstoss, dann ruckt das Mopped nach der Seite und es scheint als wolle es umfallen.
Der längs eingebaute Motor erzeugt ein Drehmoment. Seine Kurbelwelle dreht sich rechts herum (in Fahrtrichtung links). Das Gegenmoment spüren wir weil sich der Motor nach rechts drehen will. Will das Fahrzeug beim Gasgeben nach rechts umfallen, dann bedeutet Gasgeben in der Linkskurve, dass sich das Fahrzeug aufrichten will. Dementsprechend „unterstützt“ Gasgeben in der Rechtskurve das „Umfallen“.
Wie ist das bei quer eingebautem Motor? Ganz einfach: Je nach Drehrichtung des will das Mopped sich verbeugen, oder es bäumt es sich auf. Das kann z.B. ein Wheelie unterstützen oder mildern.
Suzuki baut, je nach Vorliebe seiner Werksrennfahrer die Motoren links oder rechtsdrehend.

Bolzen


Gummikuh
Bekanntlich hat der Boxer seinen Spitznamen weil bei den älteren Boxern das Heck beim Beschleunigen stieg und es aussah als würde eine Kuh aufstehen (Kühe kommen zuerst hinten hoch, Pferde zuerst vorn).
Lässt sich erklären:
Die Alten Boxer hatten eine Schwinge (mit innenliegender Kardanwelle) aber weder Paraleverstrebe noch zwei Gelenke (im Bild oben).
Die Kraftaufteilung durch die Beschleunigungskräfte am Hinterrad ist bereits bekannt. Die nach oben wirkende Kraft bewegt das an Getriebeausgang befindliche Gelenk nach oben, das Vorderrad bleibt am Boden, die Einheit Vorderrad, Motor, Getriebe wird -auf einer Kreisbahn um die Vorderradnabe- nach oben gedrückt (Bild xy, oben; violett angedeutet).
Ein Wheelie mit einem alten Boxer ist nicht ganz einfach!
Bei den 4V kann das Getriebe aufgrund der Paraleverstrebe nicht nach vorn abkippen. Wenn, dann muss der komplette Vorderbau hoch (im Bild unten).