Weär haaaat's eärfuuundeän? Die Schwaaaiiiizär?
Nö, die Amis! Exakt gesagt: CAMCAR TEXTRON, Rockford, Illinois, USA.
Ist es nur eine weitere dusselige Schlüsselform wegen der man sich neues Werkzeug kaufen muß, oder hat es auch Vorteile? Ich meine dass es solche hat! Und zwar ganz Massive!
Betrachten wir es im Vergleich.
Zuerst eine konventionelle Schlitzschraube
Abgesehen davon, dass sich kaum jemand die Mühe macht immer den exakt zum Schlitz passenden Schraubendreher zu verwenden, und deshalb regelmäßig den Schlitz vergammelt, ist es sicherlich schon jedem passiert, dass der Schraubendreher abrutscht, irgendwo einschlägt und der Schrauber ob der Kratzer an Werkstück oder Fingern deshalb unfeine Worte äußert.
Ideal sind Schrauben mit Linsenkopf bei denen der Schlitz bereits im Zentrum "keine“ Tiefe und zudem an seinen Enden (wo die Kraft angreift!) "überhaupt keine“ Tiefe hat. Verbunden mit drittklassigem Material ist dieser Schraubentyp für mich der Quell höchster Lust (das Werkzeug in die Ecke zu feuern). (Bild 1)
Beim TORX stecke ich das Werkzeug rein und drehe, da rutscht nix. Doch weshalb ereifern, es gibt ja den Kreuzschlitz.
Kreuzschlitzschrauben
Seitliches Abrutschen ist bei den Dingern schon etwas schwierig, doch sie haben andere Tücken. Vorsichtshalber sind zwei Systeme im Einsatz: Phillips, das ältere und Pozidriv, das jüngere und bessere.
Nachdem alle Schraubenköpfe eindeutig gekennzeichnet sind verwendet man selbstverständlich immer auch die jeweils passenden, unterschiedlichen Werkzeuge. Es sei denn man hat nicht aufgepaßt, der Kopf war nicht gekennzeichnet oder man hatte das passende Werkzeug "grad' nicht da“. Selbstverständlich kennt auch jede Hausfrau mit dem Schraubendrehersatz zu 1,99EUR von Aldi die Unterschiede, achtet darauf und holt im Zweifel bei PLUS einen anderen Satz Schraubendreher.
Jeder der schon mal "Kreuzschlitze“ mit der Maschine eingeschraubt hat oder festsitzende Schrauben ausschrauben wollte weiss, dass er auch beim Ausschrauben "wie ein Ochse“ auf den Kopf drücken muß weil sich der Schraubendreher sonst hebt, aus dem Kopf rutscht und den Schlitz vergammelt. Das ist beim Phillips- System extrem, beim Pozidriv ist es weniger ausgeprägt. Das Ende bei beiden Systemen ist ein trichterförmiges Loch in einer feststeckenden Schraube. (Bild 2)
Beim TORX stecke ich das Werkzeug rein und drehe, da hebt sich nix. Doch weshalb ereifern, es gibt ja den Innen- und Aussensechskant.
Sechskante
Schon mal nicht schlecht. Rutscht nicht ab und dreht sich unter Last nicht hoch. Also ideal! Ideal? Nicht wirklich.
Kraftübertragung: Die Kraft wird nur an den Ecken übertragen. Zudem sind diese noch abgerundet.
Wenn jemand einen billigen Steckschlüsselsatz mit 12-kt-Einsätzen hat kann er ein Lied singen. Die billige, gerade noch in der Toleranz liegende 12-kt Nuss üer eine fest sitzende 6-kt Schraube aus dem Baumarkt mit "leicht angedaddeltem“ Kopf gesteckt und kräftig gedreht. Schon hat man eine Schraube mit
Rundkopf!
Sachlich betrachtet greifen die am Sechskant auftretenden Kräfte nicht an seinen Flächen, sondern nur an den 6 Kanten, also an 6 Linien /Höhe des Kopfes) an. Bedingt durch relativ große Toleranzen sind die zur Kraftübertragung zur Verfügung stehenden Querschnitte recht klein und deren Belastung entsprechend hoch. (Bild 3)
Bedingt durch ungünstige Übertragungswinkel, die resultierende Kerbspannung und die großen Toleranzen verklemmen sich Werkzeug und Werkstück relativ leicht. Wer hat noch nicht über eine in der "Nuß" festsitzende Mutter geflucht? (Bild 4)
Letztlich verursachen große Toleranzen und "seltsame“ Kraftübertragung auf Dauer einen hohen Werkzeugverschleiss (Bild 5).
Innensechskante verschärfen das Problem weil für die gleiche Gewindegröße kleinere Sechskante verwendet werden.
Beim TORX stecke ich das Werkzeug rein und drehe. Weil da die Kräfte (fast) von Fläche zu Fläche wirken klemmt nix und es wird auch nix rund.
Aber auch hier gibt's Problemchen: Oft kann man auch ein scheinbar passendes, aber zu kleines TORX-Werkzeug verwenden. Dagegen hilft Mitdenken. Bei den Innentorxen besteht technisch das gleiche Problem wie bei den Innensechskanten: Gleiche Kraft bei kleineren Flächen. Doch die Kraftübertragung ist sogar noch immer besser als bei einem Aussensechskant der identischen Schraubengröße.
TORX-PLUS gibt es seit Neuestem
Dabei handelt es sich offenbar um eine Weiterentwicklung der Fa. WIHA.
Den TORX (rotes Profil) kann man als eine geschlossene 6-fach Folge von grossem Innenbogen, kurzer gerader Linie, kleinem Aussenbogen und einer zweiten kurzen geraden Linie beschreiben.
Beim Torx Plus (grünes Profil) hat man wohl erkannt, dass zumindest der kleine Aussenbogen des TORX nichts zur Kraftübertragung beiträgt, hat ihn zusammen mit den kurzen Geraden weggelassen, das gesamte Profil etwas vergrössert (gelbe Profile) und das Verhältnis Bogen/Gerade geringfügig geändert.
Einige Argumente des Herstellers kann ich nicht nachvollziehen:
„CamOut-Kräfte (COME-OUT?) oder das Abrutschen aus der Schraube gehören mit dem neuesten Torx-Profil der Vergangenheit an“. Das galt auch bereits für TORX.
„Mit der Torx Plus Form konnten alle vertikalen Seitenwände eliminiert werden“ Ob das tatsächlich ein Vorteil ist leuchtet mir nicht ganz ein. Zwar stimmt „Ein echter Antriebswinkel von Null Grad gewährleistet damit die beste Verbindung zwischen Bit und Schraube“, doch ist das nur für einen ganz winzigen Bereich tatsächlich so. Beim Torx trägt, speziell wenn Schraube und Werkzeug nicht mehr brandneu sind sogar eine kleine Fläche.
Vorgegeben ist der Umkreis des Schraubenkopfes. Macht man das Profil einer „Innen-wie-auch-Immerkants“ zu gross, hält das verbleibende Material das Drehmoment nicht aus und der Schraubenkopf platzt.
Irgendwie erinnert mich dieses Profil allerdings an jenes der ebenfalls relativ neuen Schlüssel für Sechskantschrauben um bei denen nicht nur an der Kante anzugreifen (Link "Gutes Werkzeug). In meinen Augen nichts weltbewegend Neues. Falls allerdings irgendein Hersteller dieses Profil verwenden sollte ist schon wieder ein neuer Werkzeugsatz fällig. Das Problem ist nicht weil “neu“, sondern weil fast kein Unterschied zu TORX und damit Verwechslungsgefahr besteht.
Nebenbei
Ein Schraubendreher in üblicher Größe lässt sich tadellos als Waffe benutzen. Stichschutzwesten "schafft“ er sogar leichter als ein Messer! Ein TORX vergleichbarer Größe ist relativ stumpf (darf dennoch nicht in' s Flughandgepäck!).
Randbemerkung:
Zu allen Vor- und Nachteilen gesellen sich natürlich die "Konstruktionsqualitäten“. BMW bringt es z.B. fertig Dinge am Zylinder der 1150 zu befestigen und dabei jede Menge unterschiedlicher Schrauben der Größe M6 zu verwenden. Da gibt es M6x10; M6x16; M6x20; M6x25.
Zur "Vereinfachung“ haben die dann auch noch unterschiedliche Köpfe (Innensechskant und TORX).
Der betreffende Konstrukteur und sein Abteilungsleiter scheinen beim Fach "praktische Konstruktionslehre“ gefehlt zu haben. Sicherlich lassen sich nicht in allen Fällen Schrauben gleicher Abmessung verwenden. Doch müssen sie unterschiedliche Schlüsselsysteme haben?
Links:
Gutes Werkzeug