Nachdem nicht selten die Bitte geäussert wird doch auch einmal zu beschreiben wie die Räder ausgebaut werden: Bitte sehr.
Die angegebenen Drehmomente sind diejenigen zum Anziehen der jeweiligen Schraube. Dies heisst nicht, dass dazu unbedingt ein Drehmomentschlüssel notwendig wäre, sondern dient in der Praxis dazu die Pressluftschrauber der Fertigung, die ja kein Gefühl haben einzustellen. Drehmomentschlüssel mit Bereichen von 20 bis 200Nm sind dazu genau so geeignet wie Grobmotoriker. Sie haben meist grosse Toleranzen (oder auch kein Gefühl).
ACHTUNG: Nachdem bei den Arbeiten auch die Bremsen betroffen sind, sollten absolut doppelseitige "Linkshänder“ die Finger von den Arbeiten lassen. Alle Anderen sollten bereits beim Abschrauben darauf achten in welcher Reihenfolge irgendwelche Teile zusammengefügt sind um beim Anschrauben nicht in’s Grübeln zu kommen. Die Umgebung aller zu lösenden Schrauben ist zu säubern. Das muss keine klinische Reinheit sein, aber der Dreck nach einer Crosseinlage im Matsch muss weg.
Ich selber schraube ALLE Schrauben leicht geölt ein. Die DIN 6 sagt aus, dass alle Schrauben leicht geölt zu liefern sind, falls der Kunde nicht ausdrücklich Anderes wünscht. Leicht geölt heisst , dass ein Ölfilm auf der Oberfläche ist, nicht dass die Schraube trieft. BMW nimmt die Radschrauben (nur am Hinterrad) davon aus und möchte diese trocken verschraubt haben. Wenn ich sehe wie Radschrauben teilweise mit Pressluftschraubern oder Verlängerungen ungeachtet von Drehmomenten angeknallt werden, kann ich persönlich diese Vorschrift nicht nachvollziehen, sondern lediglich darauf hinweisen. Kupferpaste gehört auf die Rückseite der Bremsbeläge und sonst nirgendwohin! Auch nicht auf die Krümmerschrauben! Kupfer in Verbindung mit Stahl und Alu ergibt feste aber leider oft unlösbare Verbindungen.
Das Motorrad steht auf dem Hauptständer
Zuerst die Radschrauben nur lockern (120Nm). Manchmal sind die Dinger derart fest, dass es günstig ist einen Helfer zu haben. Das kann ein Pressluftschrauber sein (Vorteil: raucht nicht, säuft nicht, redet nicht dumm rum; Nachteil: Arbeitet auch rechtsläufig und zerstört gelegentlich Gewinde), oder auch ein Freund (Vorteil: raucht ebenfalls, trinkt ein Bier mit, redet dumm rum; Nachteil: Arbeitet zuweilen hirnlos und zerstört gelegentlich Gewinde). Sein Job: Auf’ s abgebockte Mopped setzen, dieses in Balance halten, während man die Radschrauben bei eingelegtem 1-ten Gang öffnet. Die Sache mit dem eingelegten Gang funktioniert natürlich auch ohne den Freund, aber gelegentlich dreht man da nur den Motor durch.
Dann den hinteren Bremssattel abschrauben (35Nm). Vorher etwas reinigen kann nicht schaden. Auch hier das Ding etwas verkanten etc und nach oben/vorn von der Scheibe ziehen. Eventuell irgendwo oben am Rahmen mit einem Draht /Kunststoffbinder anhängen.
Anstatt der Bremsscheibe klemme ich immer ein Stückchen angeschrägte Hartfaserplatte dazwischen. Das Zeug ist so weich, dass man fast nichts beschädigen kann, aber auch so fest, dass sich die Beläge damit zurückdrücken lassen.
Jetzt die hinteren Radschrauben herausdrehen und das Rad abnehmen. Der komische Spritzschutz gibt soweit nach, dass sich das Rad zwischen ihm und dem Auspuff durchziehen lässt. Bei dieser Gelegenheit haftet normalerweise die Distanzscheibe ziemlich fest an Rad oder Hinterachsgetriebe. Sie fällt erst dann runter wenn man überhaupt nicht damit rechnet und grad’ über dem Gully steht oder verabschiedet sich ganz heimlich und man weiss gar nicht, dass da überhaupt ein derartiges Teil vorhanden war.
Falls das Vorderrad bereits ausgebaut ist ergibt sich das Problemchen, dass das Fahrzeug bereits hecklastig ist, auf dem Hinterrad aufsteht und, nimmt man es weg, die ganze Fuhre kippt. Gleichzeitig hat man gerade drei Hände in Benutzung. Hier helfen wieder die Freunde. Nein nicht der Pressluftschrauber aber derjenige der gerade raucht oder das zweite Bier schluckt. Wahlweise auch ein stummes Stück Dachlatte welches man zwischen Gepäckbrücke und Boden geklemmt hat.
Der Radeinbau wird durch die zweite Einfädelhilfe erleichtert. Natürlich geht es auch konventionell: Rad (in der Hocke) etwas anheben, darauf achten dass Rad-und Gewindebohrung fluchten, Rad am Bund ansetzen (die Distanzscheibe fällt dabei mindestens 2 mal runter), Radschraube reinfuddeln, fluchen dass das Gewinde nicht greift etc.. Wenn jemand einen Orthopäden braucht…;-)…Diejenigen die eine Hebebühne haben lesen das hier ohnehin nicht.
Falls nichts zwischen die Bremsklötze geklemmt war sind die Dinger jetzt vielleicht aufeinander zugegangen. Zurücksetzen wie beschrieben. Ich verwende mangels Rücksetzzange anstatt der Hammerfinne eine Zange wie sie die Klempner zum Blechbiegen verwenden (hat wohl auch nicht jeder :-) )
Zum Schluss der Check: Klemmschrauben und Radschrauben fest? Bremssattelschrauben fest? Nochmal die Hinweise: Nach fest kommt "ab“, und lieber gar keinen Drehmomentschlüssel als einen universellen billigen.
Jetzt, keiner verlässt den Saal, wir sind noch nicht fertig.
Bremsen testen! Die Beläge müssen wieder an die Scheiben angelegt werden Einige Male mit Fuss- und Handbremshebel pumpen bis der Bremsdruck wieder aufgebaut ist.
Die I-ABS-ler schalten die Zündung ein und betätigen die Bremsen. Der Rest macht der Bremsservo.
Jetzt mal eine Proberunde und noch mal auf die Bremsen achten!!
Links:
4V Hinterrad ausbauen bei R11x0
4V Vorderrad ausbauen bei R11x0