Häufig wird ein kurzer Gasstoss beim Herunterschalten fälschlicher Weise als „Zwischengas“ bezeichnet
Besser wäre „Drehzahlen angleichen“
Szenario
Irgendein Gang ist eingelegt, der Motor dreht bei irgendeiner Drehzahl.
Es wird gebremst und es soll heruntergeschaltet werden.
Das Gas ist im Normalfall „ZU“, Geschwindigkeit und somit Drehzahl verringern sich gleichmässig (linear).
Wie der Motor in den Leerlauf übergeht vernachlässigen wir erst mal.
Dargestellt ist dies mit der blauen Linie in N-an01. Bremst man härter wird die Linie steiler, die benötigte Zeit kürzer (bl gestrichelt).
In allen Zeichnungen sind die Grössen realistisch gewählt, aber zu Gunsten des Verständnisses linearisiert und vereinfacht dargestellt.
Zieht man die Kupplung während man weiter bremst, fällt die Motordrehzahl (= vor der Kupplung) in den Keller (gn gestrichelt).
Die Drehzahl der Getriebeeingangswelle sinkt weiter gemäss der Bremskurve. Schliesslich wird sie durch die Energie des bremsenden Fahrzeugs von "hinten" her (Rad / HAG / Getriebeausgangswelle / G-Hauptwelle) angetrieben. Theoretisch wird sie sogar etwas schneller weil die Bremsleistung des Motors fehlt.
Kuppelt man, ohne geschaltet zu haben(!), wieder knallhart ein (N-an02), ruckt die Fuhre weil die „Getriebewelle“ den Motor auf Drehzahl bringen muss um seine Drehzahl der Momentangeschwindigkeit (!) anzupassen. Je nach dem wie viel Zeit zwischen Aus- und Einkuppeln vergangen ist ("1" bzw "2") ruckt es unterschiedlich stark weil die Drehzahl unterschiedlich abgesackt ist. Wartet man ab bis die Geschwindigkeit dem Leerlaufniveau entspricht ("3") –also kurz vor dem Stehenbleiben- ruckt es natürlich nicht :-).
Mildern lässt sich dieser Ruck (N-an03) indem man entweder langsam / schleifend einkuppelt und auf diese Art vorsichtig versucht Motordrehzahl und Drehzahl der Getriebeeingangswelle einander anzugleichen (Motor bremst!) oder wenn man beim Einkuppeln etwas Gas gibt um die Motordrehzahl auf das Niveau der Getriebeeingangswelle anzuheben.
Mildern lässt er sich auch durch einen Gasstoss (N-an04) der jedoch mit „Zwischengas“ nichts zu tun hat. Ob man hiermit den Motor auf die exakt passende Drehzahl bringt ist genauso ungewiss wie wenn man beim Einkuppeln „etwas Gas“ gibt. Auf jeden Fall hört es sich nach „Spezialist“ an und freut die Tanke. Sicher aber ist es bei diesem Verfahren geschickter eher "früh" als "spät" einzukuppeln.
Hätten wir zwischenzeitlich geschaltet und den nächst niedrigeren Gang drin, verliefe die Kurve wie die rote Linie (N-an01; Beginn bei gleicher Geschwindigkeit in einem höheren Schaltstufe,also höhere Drehzahl; 20% kürzer > 20% höhere Drehzahl), abgebremst in der gleichen Zeit auf die gleiche Geschwindigkeit. Beachten: Es ist entweder der eine oder der andere Gang drin! „Zwischen den Gängen“ gibt es bei sequentiellen Getrieben nicht!
Getriebestufung der R1150xx
Von 1 nach 2 1>2 =28%; von 2>3 =26%; von 3>4 =22%; von 4>5 =15%; von 5>6 =12%
Alles nur Geschwätz weil wir ja nicht im gleichen Gang einkuppeln sondern herunterschalten?
Wo ist der Unterschied? (N-an05)
Einfach zu abzuleiten ist auch, dass es umso weniger ruckt je niedriger die Drehzahl ist. Gemütliche Fahrer verstehen deshalb u.U. das gesamte „Problem“ nicht.
Echtes Zwischengas mit „zwischen den Gängen Gas“ sieht so aus(beim Auto; N-an06):
Kurzform:
Bremsen, auskuppeln, Gang raus, einkuppeln, Zwischengas(stoss), auskuppeln, anderen Gang rein, einkuppeln.
Ausführlich:
Linker Fuss | Rechter Fuss |
Mit der Fussspitze bremsen, | |
Mit Links auskuppeln, Getriebe mit der Hand auf „Neutral“, mit links einkuppeln | mit dem Absatz etwas Gas geben damit die Motordrehzahl beim Auskuppeln nicht in den Keller geht. |
Getriebe ist auf Neutral | Mit dem Absatz kräftig für Zwischengas treten aber bitte derweil nicht vergessen mit der Fussspitze weiter zu bremsen |
auskuppeln, von Hand den gewünschten(!, kann der übernächste sein) Gang rein, einkuppeln | mit dem Absatz etwas Gas geben damit die Motordrehzahl beim Einkuppeln passt. Das ist das, was auch beim Mopped möglich ist |
Wenn alles richtig geschätzt war kann man jetzt Gas geben. War es nicht so ganz optimal, und ist die Kurve noch nicht „da“, muss man u.U. mit der Spitze noch auf der Bremse bleiben, mit dem Absatz die Drehzahl halten und dann erst am Scheitelpunkt „richtig“ Gas geben. |
Viel Spass beim Üben
Man kann es verkomplizieren:
Nachdem man das Heck der Frontantriebler bei Rallyes nicht mit „Motorkraft“ anstellen kann und auch keine Hand für die Handbremse frei hat (soll ja schalten und lenken ist auch noch gefragt), haben die Skandinavier (im Cooper) die Methode entwickelt das Bremsen mit der linken Fussspitze zu erledigen. Der Absatz hat derweil gekuppelt. Da konnte man dann mit dem rechten Fuss das Gas so regulieren, dass zwar die Hinterräder blockierten, die Vorderräder sich aber noch drehten weil energisch genug auf’s Gas gestiegen wurde. Sozusagen ASC by Gas. Nebenbei haben sie noch mit Zwischengas geschaltet. Die Lebensdauer der Bremsanlage war eher nicht erwähnenswert.
Gott sei Dank fuhr ich im Wettbewerb nie einen Frontler.
Links
Getriebe Ausdistanzieren
Getriebe Technik schematisch
Getriebe Untersetzung
Zwischengas
Unechtes Zwischengas