Oft stellt sich die Frage warum für Fahrzeugteile "lumpiger rostender“ Stahl an Stelle von Edelstahl verwendet wird.
Erst mal eine Begriffsklärung:
Edelstahl
Edelstahl (nach DIN EN 10020) ist eine Bezeichnung für legierte oder unlegierte Stähle mit besonderem Reinheitsgrad, zum Beispiel Stähle, deren Schwefel- und Phosphorgehalt (sog. Eisenbegleiter) 0,025 % nicht übersteigt.
Die alleinige Begriffsdefinition, ein Edelstahl sei ein "chemisch besonders reiner“ oder "nichtrostender“ Stahl, ist ungenau bzw. falsch. Ein Edelstahl muss nicht zwangsläufig den Anforderungen eines nichtrostenden Stahls entsprechen. Trotzdem werden im Alltag häufig nur rostfreie Stähle als Edelstähle bezeichnet. Ebenso muss ein rostfreier Stahl nicht unbedingt auch ein Edelstahl sein.
Zu den Edelstählen zählen zum Beispiel hochreine Stähle, bei denen durch einen besonderen Herstellungsprozess Bestandteile wie Aluminium und Silizium ausgeschieden werden, oder zum Beispiel auch hochlegierte Werkzeugstähle, die für eine spätere Wärmebehandlung vorgesehen sind.
Als hochlegiert gilt ein Stahl dann, wenn der Massenanteil eines seiner Legierungselemente mehr als 5 % beträgt.
Rostfreier Stahl
Fälschlich wird für alle nichtrostenden Stähle auch sehr häufig der Begriff Edelstahl verwendet.
Rostfreier Stahl zeichnet sich durch einen Anteil von mindestens 10,5 bis 13 %Prozent Chrom aus, der im austenitischen oder ferritischen Mischkristall gelöst sein muss. Der Effekt beruht darauf, dass sich durch diesen hohen Chromanteil eine schützende und dichte Passivschicht aus Chromoxid an der Werkstoffoberfläche ausbildet. Weitere Legierungsbestandteile wie Nickel, Molybdän, Mangan und Niob führen zu einer noch besseren Korrosionsbeständigkeit oder günstigeren mechanischen Eigenschaften. Da Chrom als Legierungselement allgemein günstiger ist als Nickel, wird ein höherer Chromanteil bei kleinerem Nickelanteil (gleiche Korrosionsbeständigkeit vorausgesetzt) bevorzugt.
Synonyme für rostfreien Stahl sind Edelstahl rostfrei, STAINLESS, INOX (französisch inoxydable), RSH (rost-, säure- und hitzebständig) sowie Markennamen wie Chromargan, V2A (Versuchsschmelze 2 Austenit = X5CrNi18-8) oder V4A (wie V2A, aber zusätzlich mit 2 % Mo legiert, macht diesen Stahl widerstandfähiger gegen Korrosion in chloridhaltigen Medien (Salzwasser, Schwimmbäder, chem. Industrie etc.)).
Nicht tragende Teile
Verwendung als Karosserieblech etc.. Abgesehen davon, dass das nichtrostende Material teuerer ist als das normale, ist es auch weit schlechter zu bearbeiten. Die Umformeigenschaften (also um ein flaches Blech in eine dreidimensionale Form zu bekommen) sind wesentlich schlechter, es lässt sich schlechter schneiden (stanzen) und die Werkzeuge unterliegen höherem Verschleiss (5-fach).
Tragende Teile
Bei z.B. Schrauben aus rostfreien Stählen steht häufig die Bezeichnung A2-70. Hierbei steht A2 für die Stahlsorte (A für austenitisch, 2 für die Sorte), 70 für die Zugfestigkeit 700 N/mm². Für den Offshore-Bereich sind Bauteile aus dem Sonderwerkstoff X2CrNiMoN17-13-5 zu bevorzugen.
Schraubenwerkstoffe aus nichtrostenden Stählen und deren Bezeichnungen sind in der Norm EN ISO 3506 genormt. Beim Ersetzen von Schrauben mit konventionellem Werkstoff durch NiRo-Schrauben ist zu beachten, dass die Werkstoffkennwerte (Zugfestigkeit, Bruchdehnung, Dehngrenze etc.) dieser NiRo-Schrauben meist unter denen konventioneller Schrauben mit Festigkeitsklasse größer gleich 6.8 (600N/mm²) (ganz billige Baumarktschraube) liegt. Ein einfaches Ersetzen nach dem 1:1-Prinzip ist gerade bei sicherheitsrelevanten Verbindungen genau zu prüfen.
Beispielsweise erreichen hochfeste, schweineteuere Schrauben aus Edelstahl (A4 80) mit Mühe die Festigkeitswerte einer üblichen 8.8er Stahlschraube (bessere Baumarktqualität) und dürfen nicht mit gleichem Drehmoment festgezogen werden!
Noch festere Edelstahlausführungen gibt es auch (z.B. in Kernkraftwerken). Wenn man die Dinger bestellt bringt sie der Vertreter von WÜRTH (einer der wenigen Anbieter) ab 10 Stück wahrscheinlich sogar dann persönlich vorbei wenn der Empfänger am Nordpol wohnt. Elastisch sind sie dennoch nicht.
Andererseits ist es Unsinn z.B. die Bremssättel mit hochfesten Schrauben an das Gabelrohr zu schrauben. Würde man die Festigkeit nutzen, würde das Gewinde im Leichtmetall des Gabelrohrs ausreissen. Auch die Scherkräfte erfordern keine Spezialschrauben (wobei ich sie nicht gegen "VA“ -Exemplare aus dem Baumarkt tauschen würde).
Für Rahmenteile u.Ä. gilt das Geschriebene analog