Welche Geräuschgrenzwerte sind bei Kontrollen von Motorrädern maßgeblich?
Grundsätzlich:
Es gibt Stand- und Fahrgeräuschwerte im Fahrzeugschein. Maßgeblich ist der Fahrgeräuschwert in Dezibel (A).
Allerdings dient der Standgeräuschgrenzwert, der unter Ziffer 30 im Fahrzeugschein und -Brief eingetragen ist, der nachträglichen Kontrolle im Straßenverkehr. Die Nahfeld-Geräuschmessung durch die Polizei liefert einen Anhaltspunkt für das Fahrgeräusch.
Liegt der gemessene Standgeräuschwert mehr als fünf Dezibel (A) über dem in den Papieren eingetragenen Wert, kann das Fahrzeug sichergestellt werden, weil davon auszugehen ist, dass das Fahrzeug beziehungsweise die Schalldämpferanlage verändert wurde, wodurch die Betriebserlaubnis erloschen ist.
Motorradfahrer, die einen Nachrüstdämpfer montiert haben, der eine EG-Betriebserlaubnis besitzt, wiegen sich in Sicherheit. Dennoch kommt es vor, dass ihr Motorrad nach einer Kontrolle aus dem Verkehr gezogen wird. Normalerweise kann man davon ausgehen, dass ein Nachrüstdämpfer mit eingravierter oder sonstwie dauerhaft angebrachter Länderkennziffer und Typprüfnummer innerhalb der Grenzwerte des Fahrgeräusches liegt. Werden die fünf Dezibel Toleranz bei der Standgeräuschmessung deutlich überschritten, könnte allerdings Manipulation im Spiel sein. Es sind offenbar Racing- Auspuffanlagen im Handel, die dennoch genauso gekennzeichnet sind, als wenn sie eine EG-Betriebserlaubnis hätten. Wer mit solch einer viel zu lauten Racing- Anlage mit EG-Kennzeichnung herumfährt – was man wirklich sehr leicht hören kann –, macht sich unter Umständen der Urkundenfälschung strafbar, auch wenn er nicht selbst die Manipulation vorgenommen hat. Das kann bis zu fünf Punkte in Flensburg geben, da es sich hierbei um einen Straftatbestand handelt.
Andere fahren voller Absicht mit getürkten Racing- Töpfen herum und wundern sich, wenn ihre Motorräder aus dem Verkehr gezogen werden.
Die Verkehrspolizei geht in der Saison dazu über, an häufig besuchten Motorradtreffpunkten oder beliebten Strecken stichprobenartig Geräuschmessungen durchzuführen. Die Sache ist ganz einfach: Ein zu lautes Motorrad wird sichergestellt, wie es im Behördenjargon heißt. Basta.
Doch was ist zu laut?
»Wir messen das Standgeräusch und vergleichen es mit dem Eintrag im Fahrzeugschein. Liegt die Messung mehr als fünf dB (A) darüber, ist eine Sicherstellung möglich«, sagt Polizeikommissar R. M.. Dabei spielt es keine Rolle, warum das Fahrzeug zu viel Krach macht. Egal ob der Serienauspuff aus Altersgründen innerlich verrottet ist oder ob der Nachrüstdämpfer mehr Lärm erzeugt, als in der EG-Betriebserlaubnis angegeben, entscheidend sind die fünf Dezibel. Da hilft auch kein Hinweis auf die im Auspuff eingravierte Kennzeichnung - etwa ein Rechteck, das die Länderkennziffer enthält, zum Beispiel e1 für Deutschland. »Allerdings schreiten wir nur in Extremfällen ein. Zum Beispiel, wenn das Motorrad, das wir im Rückspiegel erblicken, bei geschlossenen Scheiben des Streifenwagens deutlich zu hören ist«, beschreibt der Polizist die Vorgehensweise. Zu viel Krach verärgert nicht nur Anrainer, sondern kann auch teuer und zeitraubend werden: Heimreise per Zug, Urlaub nehmen, Motorrad abholen, Bußgeld bis 150 Mark zahlen und bis zu drei Punkte in Flensburg kassieren.
Messverfahren
Fahrgeräuschgrenzwerte für Motorräder über 175 cm³.(Für das Standgeräusch ist in der Homologation kein Grenzwert vorgeschrieben)
84 dB (A)* max. bis 30. 9. 1983
83 bis 86 dB (A) max. bis 30. 9. 1990 **
82 dB (A)max. bis 30. 9. 1995 ***
80 dB (A)ab 1. 10. 1995 ***
Fußnoten:
* Nach der nationalen Zulassung wurde der Fahrgeräuschwert für Motorräder mit mehr als vier Gängen im dritten Gang ermittelt
** Nach EG-Vorschrift wurde der Fahrgeräuschwert bei Fahrzeugen über 175 bis 350 cm³ im dritten Gang gemessen, Grenzwert 83 dB(A). Für Fahrzeuge mit mehr als 350 cm³ wurde der Fahrgeräuschwert im zweiten Gang gemessen, Grenzwerte: 350 bis 500 cm³ 85 dB (A); über500 cm³ 86 dB (A).
***Nach EG-Vorschrift erfolgt die
FAHRGERÄUSCHMESSUNG:
Als Messstrecke dient eine große Fläche mit Normasphalt, die im Umkreis von 50 Metern keine schallreflektierenden Gegenstände aufweisen darf. Das Motorrad fährt im zweiten und dritten Gang (Motorräder mit mehr als vier Gängen) mit exakt 50 km/h (± ein km/h Toleranz) an die Messstrecke heran. Der Fahrer zieht am Anfang der Strecke das Gas voll auf und beschleunigt bis zum Ende der Strecke durch. In jedem Gang werden drei Vorbeifahrten von rechts und drei von links aufgezeichnet. Die insgesamt zwölf Messwerte werden gerundet und dann 1 dB (A) Toleranz abgezogen. Der Mittelwert daraus ergibt den alles entscheidenden Fahrgeräuschwert, der bei Nachprüfungen höchstens ein dB über dem momentan gültigen Grenzwert von 80 dB (A) liegen darf.
STANDGERÄUSCHMESSUNG (Nahfeldmessung)
Das Mikrophon wird in Höhe der Auspuffmündung im Winkel von 45 Grad zur Fahrzeuglängsachse und im Abstand von 0,5 Metern positioniert. Gemessen wird die Lautstärke bei halber Nenndrehzahl – bei der K 1200 S, die ihre Maximalleistung bei 10250/rnin entwickelt, somit bei 5125/min. Als Ergebnis zählt der höchste von drei Messwerten. gerundet auf volle dB (A).
Der in den Papieren eingetragene Wert beträgt 94 dB (A). Als Toleranzgrenze für Überprüfungen in Verkehrskontrollen durch die Polizei sind bis zu 5 dB (A) mehr zulässig. Allerdings können die Ordnungshüter bei berechtigten Zweifeln bezüglich der Legalität der angebauten Auspuffanlage bereits bei geringeren Überschreitungen das Motorrad zu einer offiziell gültigen Fahrgeräuschmessung auf einem dafür geeigneten Gelände vorladen — die Standgeräuschmessung am Straßenrand gilt vor dem Gesetz nicht als maßgebend.
Ältere Messungen
Ältere Motorräder haben im Schein beim Standgeräuschwert ein N in Klammern hinter dem Zahlenwert stehen. Was hat es damit auf sich? Motorräder, die längstens bis zum 30. 9. 1983 zugelassen wurden, konnten nach nationalen Vorschriften geprüft werden und nicht nach EG-Richtlinien. Daher das N hinter dem Dezibel-Wert. Das Mess- Procedere war anders als heute: Das Mikrofon wurde im Abstand von sieben Metern zur Auspuffmündung aufgestellt.
Bei den heute üblichen Nahfeldmessungen durch die Polizei muss bei solchen Motorrädern ein Zuschlag inklusive Toleranz von 26 dB (A) auf den Standgeräuschwert im Fahrzeugschein gewährt werden.
Zusatzbuchstaben
D = DIN Phon (bei Typ- und Einzelprüfungen bis 1966 zulässig). Meßwerte der "alten Kisten" sind heute noch rechtsgültig.
N = Messung nach nationaler Richtlinie von 1966
E = Messung nach europ. Recht (seit 1970 für PKW und LKW, ab 1974 bei Ackerschleppern, seit 1978 bei Motorrädern)
P = Proximité (Nahfeldgeräuschmessung für Standgeräusch)
L = Lärmarm (nur LKW)
G = Geräuschreduziert (Lkw, die österr. Bauvorschriften erfüllen)
Nach 1985 sind kaum noch Zusatzbuchstaben verwendet worden, weil da alles nur noch nach europ. Recht abgewickelt wurde.
Die Werte sind nicht unbedingt kompatibel, da sie aus mehreren Epochen kommen. Seit 1999 sind für Neuzulassungen die Vorschriften vergleichbar, weil mittlerweile auch der Asphalt der Messstrecke genau vorgeschrieben ist.
Quelle: Polizei, TÜV
Dazu gibt es Hintergrundwissen:
Basis ist die DIN auf welche sich Richtlinien (Gebrauchsanweisung für Beamte :-) )beziehen
Die eine Richtlinie beschreibt das relativ aufwendige Messverfahren um z.B. eine ABE zu bekommen
Die andere das Verfahren „Nahfeld“ welches sich bei einer Verkehrskontrolle anwenden lässt.
Links
Geräuschemmission oder Lärmmessung
Geräuschmessung an Kraftfahrzeugen DIN
Geräuschmessung an Kraftfahrzeugen -Richtlinien
Geräuschmessung an Kraftfahrzeugen –Nahfeld eld