Hochfeste Schraubverbindungen
Was heißt HV-Verbindung?

Bild 1
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HV ist die Kennzeichnung einer Verbindung mit hochfesten Schrauben.
H bedeutet dabei Hochfest (Materialqualität der Schraube). V leitete sich ursprünglich von Vorgespannt (Zustand der Schraube) ab, aber die Weiterentwicklung der Schrauben hat auch zur Verwendung von hochfesten Schrauben geführt, die nicht oder nur teilweise ohne nachträgliche Überprüfung vorgespannt werden.

=> SL-Verbindung
Die Verbindungen mit nicht oder nur teilweise vorgespannten hochfesten Schrauben machen heute im Stahlhochbau einen Anteil bis zu 90% aus. Sie dürfen jedoch nur für Bauteile mit vorwiegend ruhender Beanspruchung benutzt werden, wie zum Beispiel für Hallen, Bühnen, und Skelettkonstruktionen. Diese Verbindung wird, nach der Art der Beanspruchung, als Scher / Lochleibungsverbindung (SL-Verbindung) bezeichnet.
Die Kraftübertragung erfolgt durch die Beanspruchung auf Abscheren auf die Schraube und Flächenpressung (Lochleibung) zwischen Schraubenschaft und Lochrand.
Lochleibung entsteht, wenn die Belastungskraft F den Schraubenschaft gegen die Lochwand presst. Durch ein teilweises Vorspannen der Schraube erhöht sich der zulässige Lochleibungsdruck.
Von Abscheren spricht man, wenn die Bauteile auf den Schraubenschaft wie Schneiden von Scheren wirken. (Bild 1)

Grenzlochleibungskräfte
Die Beanspruchbarkeit auf Lochleibung ist von den gewählten Rand- und Lochabständen abhängig. Die maximale Beanspruchbarkeit auf Lochleibung ergibt sich bei einem Lochabstand e = 3,5 dL bzw. einen Randabstand e1 = 3dL. Beim Nachweis darf die Grenzlochleibungskraft einer Schraube nicht größer angenommen werden als deren Grenzabscherkraft.
Kurz gesagt: Fügt man zwei Teile durch Schrauben zusammen, so ist die übertragbare Kraft abhängig vom Abstand der Schraubenlöcher zueinander und vom Übermass des Lochdurchmessers zum Schraubendurchmesser.

=> GL-Verbindungen
Bei nicht vorwiegend ruhender, d. h. dynamischer Beanspruchung, die z. B. bei Kranbahnen, Eisenbahnbrücken, besonders auch bei Baggern auftreten kann, besteht die Forderung, die Schrauben voll vorzuspannen. Die Kraftübertragung erfolgt bei dieser Verbindung durch Reibung zwischen den Berührungsflächen der Bauteile. Damit kein Gleiten der Verbindung, d. h. Anlegen der Schrauben auf Lochleibung gegen den Schaft stattfindet, müssen die Berührungsflächen durch Strahlen oder zugelassenen gleitfeste Anstriche gleitfest gemacht werden. Durch das Anziehen der Schrauben werden Kräfte senkrecht zur Schraubenrichtung übertragen (planmäßiges Vorspannen der Schrauben) und es entsteht eine gleitfeste Verbindung. (Bild 1)

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Oberflächenbehandlung der Würth HV-Garnitur
Die Oberflächenbehandlung spielt gerade bei HV-Schrauben eine bedeutsame Rolle. Ihr Sinn liegt darin, den einzelnen Verbindungselementen mit Hilfe eines Überzuges besondere Oberflächeneigenschaften zu verleihen. Dies wäre ein ausreichender Korrosionsschutz, erreicht durch Feuerverzinken und ein definierter Reibwert durch MoS2 behandelte Muttern.
Die Zinkschichtdicke soll laut DIN 267 Teil 10 mind. 40 µm betragen. Bei Würth HV-Schrauben wird durch thermisches Verzinken eine Schichtdicke von ca. 60 - 80 µm erreicht. Je nach Angriffsmedium (Bild2) stellt dies einen wirksamen Schutz für die Funktionsfähigkeit der Schraubenverbindung dar.
Den Korrosionsschutz im unverzinkten Mutterngewinde übernimmt nach der Montage der Zinküberzug des Bolzens, der mit dem Gewinde in unmittelbarem Kontakt steht. Die Zinkschichtdicke ist mit den Gewindetoleranzen von Schraube und Mutter abgestimmt, welche die Gewindegängigkeit gewährleistet.
Entsprechend der DIN 18800, Teil 1 sind nur komplette Garnituren (Schraube, Mutter, Scheibe) eines Herstellers zu verwenden!

Bild 3
Bild 3

Montage
Wichtig: HV-Schrauben nur komplett als Garnitur von einem Hersteller verwenden. Jede Schraube mit Unterlegscheiben unter Kopf und Mutter montieren. Dabei beachten, dass die Fase der Unterlegscheiben nach außen zeigt. Sie dient zur Aufnahme des Ausrundungsradius zwischen Schaft und Kopf. Um ein Hineinragen des Schraubengewindes in das zu verbindende Bauteil zu vermeiden, können unter der Mutter auch zwei Scheiben erforderlich werden. Die Mutter wird vor dem Anziehen in ganzer Höhe von Hand aufgeschraubt.
Hinweis: Schrauben, Muttern und Unterlegscheiben sind vor ihrer Verwendung geschützt zu lagern.

Bild 4
Bild 4

Vorbereitung für gleitfeste Verbindungen mit hochfesten Schrauben
Die Reibflächen in gleitfesten Verbindungen sind vor dem Zusammenbau durch Strahlen mit den zur Oberflächenvorbereitung von Stahlbauten üblichen Strahlmitteln (ausgenommen Drahtkorn) und Korngrößen oder durch zweimaliges Flammstrahlen nach DIN 55928 Teil 4 zu reinigen. Soll die Reibfläche beschichtet werden, sind Alkalisilikat- Zinkstaubfarben nach TL 918300 Blatt 85 der Deutschen Bundesbahn zu verwenden.

Vorspannen
Würth HV-Schrauben werden durch Anziehen der Mutter vorgespannt. Das Vorspannen kann nach dem Drehmoment-, Drehimpuls- oder Drehwinkelverfahren erfolgen. Bei größeren Schraubenbildern die Schrauben in überspringender Reihenfolge bis 60% des Sollwertes anziehen. Danach die endgültige Vorspannung anziehen (die Schrauben an den Anschlussenden zuletzt).
Wichtig: Würth HV-Muttern DIN 6915 sind mit Molybdändisulfid beschichtet. Eine zusätzliche Schmierung aller oder einzelner Verbindungselemente verändert die Vorspannwerte.
a) Vorspannen mit Drehmomentschlüssel (Drehmomentverfahren) Die erforderliche Vorspannkraft Fv wird durch ein meßbares Drehmoment Mv (Bild 3, Zeile 3) erzeugt. Um eine falsche Vorspannkraft zu vermeiden, ist der Momentenschlüssel vor der Verwendung und während des Einsatzes mindestens halbjährlich zu überprüfen. Die Fehlergrenze beim Einstellen oder Ablesen darf +/- 0,1 Mv nicht überschreiten. (ist mit Baumarktschlüsseln unerreichbar!)
b) Vorspannen mit Schlagschraubern (Drehimpulsverfahren) Die erforderliche Vorspannkraft Fv wird durch Drehimpulse erzeugt. Das Anziehgerät ist vor der Verwendung auf die vorgeschriebene Vorspannkraft (siehe Tab. 4, Zeile 4) einzustellen und mit geeigneten Meßeinrichtungen (z.B. Tensimeter) an mindestens drei der für den Einbau vorgesehenen Schrauben zu prüfen. Es dürfen nur typengeprüfte Schlagschrauber verwendet werden.
c) Vorspannen nach dem Drehwinkelverfahren Nach dem Aufbringen des Voranziehmomentes (siehe Tab. 4, Zeile 5) wird die Mutter durch Weiterdrehen um den vorgegebenen Drehwinkel (siehe Tab. 4, Zeile 6-8) angezogen.
Erforderliche Anziehmomente, Vorspannkräfte und Drehwinkel. (Bild 4)
Wichtig: Die Tabellenwerte gelten nur bei Verwendung MoS2 geschmierten HV-Muttern DIN 6915 feuerverzinkt!

Vor- Anziehdrehmomente für feuerverzinkte Schrauben-Garnituren

Richtwerte für ein Anziehmoment zur Erzielung einer nur teilweisen Vorspannung (rd. 0,3 RmAs). Schraubengarnitur nicht definiert geschmiert, angezogen wird die Mutter! Montiert wie im Bild 1 dargestellt
Beispiele: Gewindedurchmesser / Richtwerte für Anziehdrehmoment; M12 = 25Nm; M16= 70 Nm
Allgemein: Für das Aufbringen einer teilweisen Vorspannkraft = 0,5 x Fv genügen jeweils die halben Werte der Zeilen 3, 4 und 7 bzw. 8 sowie handfester Sitz nach Zeile 5.

Prüfen
Die Überprüfung der Vorspannung erstreckt sich auf 5% aller Schrauben in der Verbindung. Sie ist mit einem dem Anziehgerät entsprechendem Prüfgerät vorzunehmen, d.h. handangezogene Schrauben sind mit einem Handschlüssel, maschinell angezogene mit einem maschinellen Anziehgerät zu prüfen. Die Prüfung erfolgt ausschließlich durch Weiteranziehen.
a) Bei allen mit handbetriebenen Drehmomentenschlüsseln nach dem Drehmomentverfahren angezogenen und zu prüfenden Schrauben ist das Drehmoment 10% höher als in Tabelle 4, Zeile 3 angegeben, einzustellen.
b) Bei allen mit auf Fv geeichten Schlagschraubern angezogenen Schrauben genügt zur Überprüfung das Wiederansetzen und Betätigen eines auf Fv nach Tabelle 4, Zeile 4, eingestellten Schlagschraubers.
c) Bei allen nach dem Drehwinkelverfahren angezogenen, zu prüfenden Schrauben empfehlen wir, die ausführliche Dokumentation der Montage, welche die korrekte Ausführung belegt. (Die DIN 18800 gibt leider nur die Auskunft: Bei allen nach dem Drehwinkelverfahren angezogenen, zu prüfenden Schrauben ist je nach dem verwendeten Anziehgerät die Prüfmethode nach a) oder b) anzuwenden)
(Bild 4&5)

Quelle und Näheres bei.
http://www.wuerth.de/de/service/dino/07schrauben-stahlbau.html

Link
Schrauben-mit-Drehmoment-festziehen