Es soll keine Anleitung sein, sondern lediglich den Sinn und die Komplexität darstellen.




Zuerst ein paar Sätze zur Konstruktion
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Das HAG ist nichts weiter als ein Winkelgetriebe mit Klinglenberg-Palloidverzahnung. Die beiden senkrecht, ohne Versatz zueinander stehenden Wellen sind jeweils beidseitig gelagert.
Das Antriebsritzel wird, aufgrund der Verzahnungsgeometrie, im Betrieb in Richtung Kardanwelle gedrückt und hier mit einem stabilen Kombilager / “radiax“) gestützt. Am anderen Ende sorgt ein kleines Nadellager dafür, dass die Welle nicht pendeln kann. Theoretisch (bei anderer Geometrie) könnte sie aber in Richtung Nadellager rutschen.
Die gesamte Einheit Welle/Tellerrad wird über das Radiallager verspannt.
Dies geschieht dadurch, dass der Gehäusedeckel (Endlage definiert durch das HAG-gehäuse), über die abgestimmte Distanzscheibe 3, axial gegen den Aussenring des Radiallagers drückt. Die Position des Lagerinnenrings ist von einem Bund der Tellerradwelle definiert, die sich ihrerseits über die, ebenfalls abgestimmte, Distanzscheibe 3 an einem Kegelrollenlager abstützt. Dabei werden Aussen- und Innenring des Radiallagers über die Lagerkugeln gegeneinander verspannt. Die Kugeln laufen also nicht, wie man erwarten würde, am tiefsten Punkt der Laufrillen sondern etwas seitlich (deshalb ist Lagerluft C3 notwendig!).

Herausforderung
Aufgrund unvermeidlicher Fertigungstoleranzen müssen einzelne Bauteile in ihren Einbaulagen aneinander angeglichen werden. Durch Beilegen von u. U. mehreren Distanzscheiben werden Abstände genau eingestellt.
Wesentliche Bauteile sind die beiden, jeweils mit 2 Wälzlagern gelagerten Zahnräder. (Bilder Hinterachsgetriebe/Radsatz; HAG/Lager)
Unschwer zu erkennen ist die "nicht ganz triviale" Verzahnungsgeometrie.
Bild „HAG/Schema“ zeigt den Aufbau grob. Blau dargestellt sind die Lager(-gruppen), grün das Gehäuse, rot die Distanzpakete, gelb die Verschraubungen, grau die Zahnräder.
Die beiden Zahnräder müssen so zueinander ausgerichtet werden, dass sie mittig "tragen" weil dort die Geometrien der Zähne am besten zueinander passen.
In (Bild HAG/distanzieren-FKT1; gelbe Pfeile) ist das skizziert.
FKT2 bildet ab wenn die Zahnräder falsch zueinander positioniert wären (Pfeile; Tragbild falsch bei evtl. korrektem Spiel).
Beim in FKT2 skizzierten Beispiel wäre das Distanzpaket1 (rot) (Bild „HAG/Schema“) am Antriebsritzel zu dünn, die Einheit also zu weit rechts. Bei korrektem Zahnflankenspiel wäre das Distanzpaket 2 für's Tellerrad logischerweise dann ebenfalls zu dick (Tellerrad zu weit „oben“).
FKT3 veranschaulicht wenn für das Tellerrad zu wenig "Distanzpaket 2" eingelegt wäre. Beim Zusammenbau würde es gegen das Antriebsrad gepresst. Null Spiel wäre die geringste Folge. Theoretisch könnte das Spiel negativ werden (also die Verzahnungen ineinander gepresst werden), was zuerst zu hoher Wärmeentwicklung, sagenhaftem Verschleiss durch Reibung und dann zum Ausfall führen würde
FKT4 zeigt wie es aussähe wenn beide Räder mit zu viel "Distanz" eingesetzt wären.
In der Praxis würde zwar das HAG funktionieren (weil gar nicht so viel beigelegt werden kann, dass die Zahnräder überhaupt nicht in Eingriff gelangen), das Tragbild könnte als stimmig interpretiert werden, aber das Flankenspiel wäre erheblich. Das Rad liesse sich ein Stück verdrehen werden ohne dass sich die Kardanwelle bewegt. Bei jedem Lastwechsel würden die Flanken der Zahnräder aneinander knallen. Auch hier wäre der Verschleiss gross (aber weit kleiner als bei "negativem" Spiel).
ACHTUNG:
Falls jemand jetzt seine Q aufbockt und er der Meinung ist, sein Rad liesse sich verdrehen: Es sind etliche Spiele zusätzlich zu berücksichtigen (Kardanverzahnungen, Klauenspiel im Getriebe etc)!! Es ist nicht ersichtlich ob sich der Kardan dreht (tut er!) oder nicht!!
Das zuletzt beschriebene Spiel lässt sich nur bei blockierter HAG-Eingangswelle, also i. d. Regel bei ausgebautem HAG korrekt messen!!
Mit dem Distanzpaket 3 wird, wie bereits eingangs beschrieben, die Vorspannung des Radiallagers bestimmt. Durch das Verschrauben wird das Tellerradpaket gegen das Kegellager  gespannt.
In diesen Beispielen sind natürlich nicht alle Fehlermöglichkeiten aufgezeigt.
Technische Einzelheiten sind zu Gunsten der Verständlichkeit vereinfacht. Beispielsweise sind Wellendichtringe nicht eingezeichnet.
Randnotiz:
Wer glaubt die Lager des HAG „mal schnell“ selbst wechseln zu können sei auf einige „Kleinigkeiten“ hingewiesen. Die Aussenabmessungen heutiger Lager sind praktisch so massgenau, dass man darauf keine Rücksicht zu nehmen braucht. Daraus zu folgern man müsse beim Wechsel das Tragbild und die Lagervorspannung nicht wenigstens kontrollieren ist nur mutig. Nur woher weiss man ob der „Vorgänger“ sauber gearbeitet hat?
Idiotisch aber ist es z.B. den Aussenring des Kegellagers nicht zu wechseln „weil das passende Werkzeug fehlt“.

(Letzte Überarbeitung 2014-01-11)

Links
Getriebe Ausdistanzieren
Getriebe Technik schematisch
Getriebe Untersetzung
Zwischengas
Unechtes Zwischengas