Oft als einfache Mittel zur Leistungssteigerung propagiert, überlegt und eingebaut:


"Durch dicke kurze Ansaugrohre passt mehr Luft, also gibt's auch mehr Leistung" und "ein Auspuff in dem nix drin ist hat wenig Strömungswiderstand und ergibt auch mehr Leistung".
Das war zu Beginn des 20-ten Jahrhunderts nicht ganz falsch, führt aber heute nur selten zum Erfolg.
Weshalb kann durch unterschiedliche Ansaugrohre eine Leistungssteigerung erzielt werden?
Wieder eine vereinfachte Betrachtung am 2-Zylinder 4-Takt-Boxer. Ich verwende den Begriff “Luft“, obwohl teilweise der Begriff "Luft/Spritgemisch“ exakter wäre.
Die Zeiten in denen alle Komponenten eines Motors getrennt betrachtet werden konnten sind vorüber. Deshalb erwähne ich die Abgasanlage ebenfalls

Der Einlasstrakt
Es wird nicht kontinuierlich angesaugt. Jeder Zylinder "verbringt“ ca. 75% seiner (Betriebs-) Zeit mit anderen Tätigkeiten (verdichten, arbeiten, ausstossen).
Was überhaupt veranlassst das Gas sich in den Zylinder zu bewegen? Antwort: Der ansaugende Kolben gibt ein Volumen frei („erzeugt einen Unterdruck“) in welches der Umgebungsdruck „Luft“ drückt.
Zu Beginn des Ansaugtaktes muss die im Ansaugrohr "stehende“ Luftsäule erst mal beschleunigt werden. Nachdem Luft nicht masselos ist (zu Deutsch: sie wiegt etwas), braucht es dazu Energie und vor allem Zeit. Ist dann am Ende des Ansaugtaktes die Luftsäule im Ansaugrohr endlich ordentlich in Schwung, schliesst das Einlassventil, die Luftsäule klatscht dagegen wie ein Tennisball gegen die Mauer, staut sich auf, prallt zurück und bewegt sich wieder in Richtung Luftfilter. Witzigerweise passiert das Gleiche am anderen, offenen(!) Ende des Ansaugrohrs. Auch hier wird die Luftsäule reflektiert. Der Vorgang würde sich so lange wiederholen, bis die Energie aufgebraucht ist.
Doch das Geschehen im Motor stört normalerweise diesen "un-endlichen“ (Schwingungs- )Vorgang.

Irgendwann ist er ja mit seinen restlichen 75% fertig, reisst das Einlassventil wieder auf, meint "aber jetzt" und möchte ansaugen, worauf die Gasmasse antwortet: "denkste, ich bin grad’ abgeprallt und auf dem Rückweg zum Luftfilter ". Also muss die strömende Masse mit Gewalt "umgedreht" werden ("He Kolben mach' mal 'nen Sog damit diese blöde Masse aufhört zu quatschen!"). Daher muss erst Energie und Zeit(!) aufgewendet werden um sie erst zu stoppen und dann wieder in die richtige Richtung zu beschleunigen. Schon ist der Verlust da (schlechterer Füllungsgrad). Physikalisch nennt sich das Massenträgheit.
Ist aber die Gasmasse am Schwingen, zischt gerade in Richtung auf das sich öffnende Ventil, freut sich und stürzt sich geradezu enthusiastisch in den Hubraum, dann kann es theoretisch sein, dass der Füllungsgrad höher als 100% wird. Dabei gelangt nicht nur 1150/2 ccm (= 1 Hubraum!) Gemisch in den Zylinder, sondern es drängt etwas mehr hinein, da der Schwung schon Gas in den Zylinder schiebt wenn der Ausstosstakt noch nicht ganz beendet ist und auch dann noch Gas in den Zylinder schiebt wenn der Kolben bereits beim Verdichten ist. Das System ist in diesem Fall in Resonanz. Bei Resonanz schwingt die Gassäule im Ansaugrohr ideal hin und her. Bei dieser Drehzahl ist der Füllungsgrad des Motors maximal weil die Gassäule immer exakt dann auf das Einlassventil zurennt wenn dieses gerade öffnet.
Bemerkung: ES kommt natürlich auch auf Ventilöffnungskurve an.

Die Motordrehzahl beeinflußt die Resonanzfrequenz NICHT!

Gibt es wesentliche Randbedingungen?

Ja, die Strömungsgeschwindigkeit des Gases. Damit der im Drosselklappenteil eingespritzte Kraftstoff ordentlich mit in den Zylinder gerissen und gut verwirbelt wird ist eine hohe Strömungsgeschwindigkeit erwünscht. Bereits hier besteht ein Dilemma: Der Motor arbeitet nicht bei einer konstanten Drehzahl, folglich muss ein Kompromiss gefunden werden. Nachdem letztlich die eine Menge "Gas" (= "1 Hubraum") in den Zylinder soll, könnte dies durch ein dünnes Rohr erfolgen und die Strömungsgeschwindigkeit wird (erwünscht) hoch sein. Wäre da nicht die Zeit! Stellt man sich jetzt einen Trinkhalm als Ansaugrohr vor ist es klar, dass dieser das gesamte Luftvolumen bei Nenndrehzahl (also die Menge pro Zeiteinheit) nicht schaffen wird da seine Drosselverluste zu hoch sind. Ausserdem müssten "etliche Meter Trinkhalmvolumen" bewegt werden und für die Entfernung barucht man Zeit!
Verwendet man ein "Ofenrohr", gelangt das eingespritzte Benzin bei niedrigen Drehzahlen mangels Strömung "nie" in den Zylinder.

Anschaulicher Vergleich: Kippt man einen 10l-Eimer Wasser in eine Dachrinne (333), so werden 5 darin liegende Blätter von der Flutwelle "mitgenommen". Versucht man das in einem normalen Rinnstein verteilt sich das wasser derart, dass die Blättchen bestenfalls "angelupft" werden. Bei einem Strzregen funktioniert das im Rinnstein aber die Dachrinne wird kurzerhand überlaufen weil weder sie noch der Dachschlauch die Menge/Zeit abführen können.
Bemerkung: Auch der optimale Ventildurchmesser wird nach diesen Parametern festgelegt

Dieser Vorgang ist also von einigen Faktoren abhängig. Die wichtigsten sind Durchmesser des Ansaugrohres (Drosselverluste) und seine Länge (Resonanzfrequenz/-drehzahl). Theoretisch lässt sich das für eine bestimmte Drehzahl berechnen, aber die praktische Ermittlung kombiniert mit Erfahrung ist oft auch für grosse Firmen einfacher.

Vereinfacht ausgedrückt:
Kurze Rohre => hohe Frequenz => gute Füllung bei hohen Drehzahlen =>gutes Drehmoment bei hohen Drehzahlen => hohe max. Leistung
Lange Rohre => niedrige Frequenz => gute Füllung bei niedrigen Drehzahlen => gutes Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen => "hohe" Leistung bei niedrigen Drehzahlen ("oben" fehlt' s dann ein bisschen)
Dünne Rohre => gute Strömung bei niederen Drehzahlen, hinderlich für hohe Drehzahl.
Dicke Rohre => schlechte Strömung und Übergänge bei niederen Drehzahlen, gut bei hoher Drehzahll (hoher Durchsatz möglich)
Also sind lange dünne Rohre gut für viel Drehmoment bei niedriger Drehzahl, kurze dicke taugen für viel Spitzenleistung.

Praxis:
Die kurzen, dicken Rohre der  "S“ ermöglichen (auch bei der "GS“) eine höhere Spitzenleistung. Dagegen tritt der Effekt mit den dünneren, langen Rohren der GS bei mittleren Drehzahlen auf. Hier fehlt es, zugunsten der mittleren Drehzahlen "oben“ etwas.

Noch irgendwelche Bedingungen?
Ja, es sollte überhaupt nichts im Weg stehen. Deshalb haben die Rennhobel keine Drosselklappen sondern Schieber die den gesamten Querschnitt frei geben. Es geht dabei nicht um das bisschen zusätzlichen Querschnitt, sondern um die Wirbel die die Drosselklappenwelle erzeugt. Als Ventil gefiele den Motorenbauern ein Gebilde wie eine "Tür mit Angeln" oder eine Irisblende wie am Fotoapparat weil es dann weder störenden Ventilschaft noch hinderlichen Ventilteller gäbe.
Abrupte Veränderungen des Querschnitts oder Kanten erzeugen Reflexionen, wirken sich wie die Rohrlänge aus. Wenn die Ventile (zu) klein sind bringen auch gigantische Ansaugquerschnitte nichts.
Um maximale Leistung bei hohen Drehzahlen und ein breites nutzbares Drehzahlband zu kombinieren. versucht z.B. Yamaha an der YZF-R6 mit einer elektronisch angesteuerten Mechanik. die bei rund 13700/min den oberen Teil der Lufttrichter abhebt um dem Triebwerk bei höchsten Drehzahlen mit entsprechend verkürzten Ansaugwegen auf die Sprünge zu helfen. Die so erreichte variable Saugrohrlänge ist bei diversen PKW bereits Standard (z.B. Alfa)

Der Auslasstrakt

Nachdem eine Gassäule auch an einer Öffnung reflektiert wird gilt die gleiche Logik für die Auslassrichtung. Hier wird sie -zumindest beim 4-Takter- nicht so stark wirksam, da das Abgas mit Druck ausgestossen wird. Doch auch der Abgasstrom schwingt im Auspufftrakt zwischen Auslassventil und Kat und hilft (drehzahlabhängig!) mit das Abgas aus dem Zylinder zu "saugen“. Der "Sammler" ist der "Stauraum" um Reflexion zu ermöglichen, das Abgas aber auch während der "Nichtauspufftakte" auszustossen. Das reine Ersetzen des Kat durch ein Y-Rohr führt als erst mal dazu, dass die Abstimmung des Abgasstroms zerstört ist. Indiz für eine schlechte Abstimmung ist Knallen unter Schub o.Ä.. Das schlecht abgestimmte System saugt während der Ventilüberschneidung unverbranntes Gemisch durch den Kopf und verpufft es sinnlos im Abgasrohr. Stinkt es nach Sprit, dürfte die Gemischabstimmung nicht passen. Dass man auch richtig abstimmen kann beweist z.B. SR-Racing (ungeachtet des Lärms).

Die gegenseitigen Einflüsse
Der Ansaugtakt folgt auf den Ausstosstakt. In der Praxis beginnen die Einlassventile bereits zu öffnen (Beschleunigungszeit für die Luftsäule!) wenn die Auslassventile noch nicht komplett geschlossen sind (=Ventilüberschneidung). Im günstigsten Fall profitiert die einströmende Luft von einem Unterdruck den der pulsierende Abgasstrom im Hubraum "hinterlässt“, wird also zusätzlich in den Hubraum gesaugt.

Das Bestreben der Motorenbauer geht bei Gebrauchsmotoren dahin, zugunsten einer guten Leistungsentfaltung über den gesamten Drehzahlbereich auf Spitzenleistung zu verzichten.

Fazit:
Durch die geeignete Kombination von Rohrlänge und Durchmesser läßt sich das Verhalten abstimmen zwischen "absolute Maximalleistung bei Nenndrehzahl" (bei der "S"), also einer "spitzen" Charakteristik, und "guter Kompromiss für ein Drehzahlband von 2500 bis 4500", also einer "schaltfaulen" Charakteristik ("GS").
Ist das Rohr zu dünn oder dick funktioniert das Ganze nicht richtig.
Durch geeignete Abstimmung des Ansaugtraktes (Dimensionierung, Resonanzfrequenz, etc.) lässt sich der Füllungsgrad für bestimmte Drehzahlen verbessern. Je extremer man auf eine bestimmte Drehzahl abstimmt, desto schlechter ist die Abstimmung für die restlichen Drehzahlbereiche. Selbst bei Rennmaschinen wird auf absolute Höchstleistung verzichtet um „weiter unten“ ein „fahrbares“ Verhalten zu haben.

Randproblem
Betrachtet wurde hier nur unter welchen Bedingungen möglichst viel Volumen in den Zylinder strömt. Interessant ist auch die Verwirbelung des Kraftstoffs. Wird ein riesiger Ansaugquerschnitt schlagartig geöffnet so ist der Unterdruck darin vergleichsweise gering und somit auch die Luftströmung „lahm“. Eingespritzter Kraftstoff wird „nicht“ bewegt und hat Zeit sich an den Rohrwänden abzusetzen. Ist bei sehr geringem Querschnitt der Unterdruck sehr hoch, so wird der eingespritzte Kraftstoff zwar ideal mitgerissen aber die Gesamtmenge ist gering und somit wird der Motor gedrosselt.

 

Links
Leistung - Drehzahl - Drehmoment
Leistung und Zündzeitpunkt
Leistungssteigerung durch mehr Sprit?
Leistungssteigerung ganz einfach?
Leistungssteigerung mit Ansaugrohren
Gemisch fetter - mehr Leistung in der Praxis?