"Mehr Sprit" ist relativ ---und zwar zur Luftmenge.
Dieser Beitrag „Leistungssteigerung durch mehr Sprit“ wurde im Mai 2017 in 2 Beiträge „zerlegt“. Dies sind der eher theoretische Teil „Leistungssteigerung durch mehr Sprit“ und der praxisorientierte Teil „Gemisch fetter - mehr Leistung“.
In einen 1150 ccm - 2 Zylinder Motor passen nun mal pro Verbrennungsvorgang nur 575 ccm Gasgemisch. Dieses besteht aus Luft und Benzin. Turboaufladung soll unbesehen sein und Resonanzaufladung (erst mal) außen vor bleiben.
Während des Einlassvorgangs, also einer halben Motorumdrehung, kann ein Kolben als maximal 575 ccm ansaugen. Eingeschränkt wird dieser Wert durch die Strömungsverluste in Form von (zu?) kleinen Querschnitten, dem Einlassventil und, in erster Linie, der Drosselklappe. Ist diese geschlossen wird der Luftstrom behindert. Wenig Luft kann einströmen und braucht dazu auch noch lange. Das heißt: Niedrige Drehzahl oder "Motorbremseffekt".
Für eine saubere Verbrennung kann der Luft nur eine begrenzte Menge Benzin zugemischt werden.
Saubere Verbrennung
Das optimale Verhältnis besteht aus 14,7 mal so viel Luft wie Sprit oder, anders herum ausgedrückt, bei ca. 6,8% Benzinanteil im Gasgemisch. Angegeben sind diese Werte für die Gewichtsanteile!!
1000 Liter Luft wiegen in Meereshöhe etwa 1,29 Kg, in 3000 Meter Höhe nur 0,74 kg, Benzin wiegt ca 0,7Kg / Liter
Also passen zu 1000 Liter Luft in Meereshöhe (0m) etwa 87,5 g, oder in 3000m Höhe etwa 50,0 g Benzin.
Pro Zylinderfüllung mit 0,575 Liter sind das dann 0,05 bzw. 0,03 Gramm.
In diesen Fällen ist Lambda = 1.
Die Älteren kennen noch den Effekt, dass Vergasermotoren auf dem Stilfser Joch schlecht laufen, kurz vor dem Ersaufen sind und nach Sprit stinken.
Einspritzer haben eine barometrische Regelung und wissen dass die Einspritzmenge reduziert werden muss wenn die Luft dünner wird. Ohne die barometrische Regelung läge auf dem Stilfser Joch der Spritanteil, für einen auf Meereshöhe optimierten Motor, bei ca. 12,5%. Dieses Gemisch wäre nicht mehr zündfähig!
Wie ist die Grafik "Kraftstoffgemisch Benzin" zu lesen?
Links, gelb ist der magere Bereich, also wenig Gewichtsanteile Benzin relativ zur Luft oder eben viel Luftanteil relativ zum Benzingehalt.
Bei 5%, bzw. der 20-fachen Luftmenge (Lambda =1,36) ist die Kraftstoffmenge so gering, dass das Gemisch ebenfalls nicht mehr zündet, der Motor verhungert.
Das Optimum für die Wirtschaftlichkeit ist magerer und liegt bei 6,2%, bzw.der 16,2-fachen Luftmenge (Lambda =1,10)
Das Optimum für die schadstofffreie Verbrennung liegt bei 6,8% Kraftstoff oder der 14,7-fachen Luftmenge, sprich Lambda =1,00.
Das Optimum für die Leistungsausbeute ist etwas fetter und liegt bei 8%, bzw. der 12,5-fachen Luftmenge (Lambda =0,85).
Bei 12,5%, bzw. der 8,5-fachen Luftmenge (Lambda =0,56) ist die Kraftstoffmenge so gross, dass das Gemisch nicht mehr zündet, der Motor ersäuft
Die blaue Kurve zeigt (in etwa) die mögliche, relative Leistung.
Test: (Bitte nur im Freien!) Giesst man etwas Benzin in ein Schälchen und wirft ein Streichholz hinein, so geht dieses aus! Ist es sehr warm, kann sich das Benzin auf eine große Fläche verteilen, oder hält man das (gaaaanz lange) Streichholz eine Weile über das Benzin, wird es sich entzünden und dann relativ kommod abbrennen. Macht man den Test nachts, stellt man fest, dass die "Pfütze" gar nicht brennt, sondern zuerst eine nicht brennende Schicht darüber "liegt" und erst weiter oben Flammen zu sehen sind.
Grund: Die Pfütze ist viel zu "fett" um zu brennen, es ist nicht genügend Luft (Sauerstoff) untergemischt. Erst wenn das Benzin verdunstet, das Gas aufsteigt und sich etwas höher mit immer mehr Luft vermischt hat wird es brennbar! Die entstehende Wärme (zuerst durch' s Streichholz!!) hilft beim Verdampfen, die aufsteigenden Verbrennungsgase saugen Luft von unten, und es brennt heftiger. Eine Explosion ist nicht zu befürchten.
Betrachtet man die Grafik "Kraftstoffgemisch Benzin" so sieht man, dass sich ein Leistungszuwachs von maximal 7…8 % lässt erzielen lässt indem man das Gemisch fetter macht. Erkauft wird dies durch überproportional mehr Spritverbrauch bei schlechterem Abgasverhalten (Grafiken " Katalysator Konvertierung" und "Kat Schadstoffe").
"Meine Maschine HAT mehr Leistung, braucht aber NICHT mehr Sprit" sagen nur diejenigen die das Perpetuum Mobile erfunden haben. Wir betrachten im Moment nur die relative Spritmenge, nicht aber andere Möglichkeiten der Leistungssteigerung!
Bild „Verbrennung Zylinder Druckprofile“ zeigt die Lage der Druckmaxima und den schematischen Druckverlauf in einem Zylinder wie er verliefe wenn die Zündung fehlt, wenn "normal“ gezündet wird und wenn der Ladedruck durch einen Turbolader zu hoch ist. Im letzten Fall ist der Druckverlauf nicht sauber und es klingelt.
Bild „Verbrennung Druckprofile i. Vgl.“ zeigt die unterschiedlichen Verläufe in einem Zylinder wenn man das Gemisch immer weiter anfettet (bis der Motor ersäuft). Hier ist zu sehen, dass, obwohl immer zum gleichen Zeitpunkt gezündet wird, der Druck schon sehr hoch steigt bevor der Kolben den OT erreicht hat! Somit geht a) jede Menge Energie verloren bzw. behindert den Kolben zum OT zu gelangen, und b) steigen die Lagerdrücke stark an.
Minimale Massnahme wäre also --entgegen der Zündungstheorie-- etwas später(!!) zu zünden!
Aus Sicht der relativen Schadstoffentwicklung wäre ein Motorenbetrieb bei Lambda 1,25 am besten. Leider sind dort die Leistungsentfaltung und somit auch der Wirkungsgrad nicht sonderlich toll. Das würde bedeuten: Bei gleichbleibender(!) Leistung erhöhter Spritbedarf mit vielen, dafür aber relativ saubereren aber heissen Abgasen. Also ein schlechter Kompromiss wenngleich man die Lambdasonde etwas weiter vom Motor entfernt einbauen könnte um sie weniger zu belasten.
Am wirtschaftlichsten läuft ein Motor bei Lambda=1,10.
Will man das Leistungsmaximum und nimmt keine Rücksicht auf die Abgaswerte, betriebt man den Motor bei Lambda 0,85. Der Motor braucht dann scheinbar nur wenig mehr Sprit und belastet die Lambdasonde höher obwohl die Abgastemperatur etwas sinkt. Relativ zum Leistungsgewinn ist allerdings ziemlich viel mehr Sprit notwendig.
Dazu gibt es recht interessante Darstellungen von Teledyne-Continental Motors (TCM) im “Operator and Installation Manual” Continental IO 550
Das ist zwar ein Flugmotor, doch lässt sich an diesen Dinosaurieren Einiges recht klar nachweisen und an praktisch jedem Sportflugplatz auch nachweisen. Die eigentlich vorsintflutlichen Einstellmöglichkeiten der Flugmotoren machen es möglich.
Zündverstellung? Haben sie nicht (den "Klicker" zum Anlassen unterschlage ich absichtlich)!
Gemisch? Kann man regeln; muss man sogar! Der Normalfall heisst "fett" (volle Leistung zum Abheben) und danach wird "geleaned".
Verdichtung? Naja, ganz ohne geht es ja nicht :-), aber eine alte Harley ist dagegen ein Sportmotor!
Verbrauch? Ja, reichlich! (eben ein alter Amimotor :-) mit -Grössenordnung- 6 Liter Hub und 235 PS )
Also ganz ideal zum Demonstrieren.
Nachdem die Hersteller wissen, dass sie einfachste Technik verwenden, schwatzen sie dem Kunden auch noch Instrumente auf mit denen man Abgas- und Zylinderkopftemperatur jedes einzelnen Zylinders anzeigen kann. Das in erster Linie weil sie nicht in der Lage sind jeden Zylinder mit gleichem Gemisch zu versorgen und auch gleichmässig zu kühlen! Da verbessert man nix sondern zeigt den Mist nur an!
4 Kurven sind in einer gemeinsamen Grafik dargestellt. Der Motor läuft in dieser Grafik immer mit 0,6 bar "Ladedruck" (heisst nur so) bei 2500U/min. Der "Ladedruck" ist ein Mass für die Drosselklappenöffnung/Last und das was wir an einer "Unterdruckuhr" am Saugrohr in US-Einheiten ablesen würden. Man kann diesen Druck (beim Flieger) im Verhältnis zur Drehzahl variieren. Das klingt für uns unverständlich. Tatsächlich liegt es daran, dass die Jungs verstellbare Propeller haben die man mit einem stufenlosen Getriebe vergleichen kann. Stellt man die Propellersteigung auf „steiler“ (höherer Gang!), so muss man mehr Gas geben um auf gleicher Drehzahl zu bleiben (Last und Geschwindigkeit steigen) und der Unterdruck im Saugrohr ändert sich.
Jetzt machen die das Gemisch magerer oder fetter. Der Normalwert liegt bei einem Verbrauch von ca. 41Kg/h (sparsame 59 Liter/h!). Dabei leistet der Dino etwa 235PS (blaue Kurve). Die Zylinderkopftemperatur (orange) beträgt dabei ca. 195 °C, die Abgastemperatur(rot) 820 Grad.
Die maximale Leistung von 250 PS ist bei 48 Kg/h (69 l/h) erreicht. Allerdings liegt da die Kopftemperatur bei 215 Grad und das Abgas ist kälter(!; 810°C)
Stellt man jetzt auf "vollfett", also den Wert der noch gut gezündet werden kann, dann säuft das Ding 54Kg/h (77l/h), hat nur noch 240PS und die Temperaturen sind gesunken.
Das heisst, dass man für ca. 6% mehr Leistung 17% mehr Sprit reingiessen muss (vor den Abgaswerten verschliessen wir höflich die Augen). Das drückt die violette Kurve aus.
Dann kommt eine Kleinigkeit dazu: Die temperaturabhängige Festigkeit von Al-Werkstoffen („Verbrennung Mat.Fest. Al“) das ist auch der bunte Streifen in „Verbrennung Kraftstoffmenge Tenmp.“. Da lässt sich auch mit Kühlung nur schwer etwas erreichen weil die Wärmeleitung entweder nicht nachkommt (aussen stimmt die Temperatur, innen, auf der Feuerseite fackelt das Material ab) oder das Temperaturgefälle derart hoch wird, dass sich der Werkstoff verspannt. Aussen könnten wir mit flüssigem Stickstoff kühlen dann passt wohl auch innen die Temperatur. Wenn aber die Temperatur innen abnimmt haben wir ein tatsächliches Kühlproblem. Es wird zu kalt!
Insgesamt bleibt die Frage:
Wenn doch bei Lambda 1 der gesamte Treibstoff „ordentlich“ verbrennt, weshalb steigt dann die Leistung bei „schlechterer“, nicht vollständiger Verbrennung (wenn man „fett“ fährt“)?
Bei der Verbrennung (es ist KEINE Explosion!!) wird aus „etwas“ Gemisch viel Gas erzeugt. Der Druck im Brennraum steigt erheblich an und treibt den Kolben in Richtung Kurbelwelle.
Macht man das „etwas“ Gemisch fetter (Lambda 1,0….0,85; AFR 14,7 . . . ), so wird es zwar -aus Luftmangel- nicht vollkommen verbrannt aber insgesamt wird doch mehr Gas erzeugt, somit der Druck erhöht und deshalb die Leistung gesteigert. Die unverbrannten Anteile verdampfen (gibt zusätzlichen Druck). Dazu brauchen sie Energie, entziehen deshalb ihrer Umgebung Wärme und kühlen so das Abgas! Bei den BMW-1,5 l- 4 Z-Turbo mit bis zu 1250 PS wurde in den Achziger-Jahren zu diesem Zweck nicht nur Treibstoff sondern zusätzlich etwas Wasser eingespritzt; bei Gasturbinen ist es Standard!
Macht man das Gemisch „noch fetter“ so kehrt sich der Effekt um. Der (zu) frühe Druckaufbau hemmt den Kolben beim Verdichtungstakt UND die Verbrennung ist derart mangelhaft, dass weniger nutzbarer Druck erzeugt wird.
Hier noch ein kleiner technischer Schwenk
Wenn die Auslassventile geschlossen sind und im Brennraum das Gasgemisch abfackelt nehmen die Kopfwände, die Ventilböden und der Kolbenboden die entstehende Hitze auf. Im nächsten Takt öffnen die Auslassventile und die heissen Abgase strömen um den gesamten Auslassventilteller und heizen es auf.
Ein Auslassventil hat nur wenige Möglichkeiten um sich zu kühlen. Nachdem es heisser wird als der Zylinderkopf, gibt es über den Ventilsitz Wärme an ihn ab. Das ist der Grund weshalb die Ventilsitze der Auslassventile breiter sind als die des Einlasses!
Das obere Ende des Ventilschaftes ist von Öl umspült und wird dadurch gekühlt. Damit die Hitze besser vom Ventilteller an das obere Schaftende transportiert wird gibt es Ventile mit hohlen, natriumgefüllten Ventilschäften.
Von der Ventilführung ist das Ventil im Idealfall durch einen Ölfilm getrennt! Hier wird überraschend wenig Temperatur abgeleitet
Die Einlassventile dagegen werden durch einströmendes, auch bei 40°C Aussentemperatur relativ kühles Gemisch verwöhnt! Zusätzlich verdampft an ihnen Kraftstoff und kühlt sie dadurch zusätzlich.
Links
Leistung - Drehzahl - Drehmoment
Leistung und Zündzeitpunkt
Leistungssteigerung durch mehr Sprit?
Leistungssteigerung ganz einfach?
Leistungssteigerung mit Ansaugrohren
Gemisch fetter - mehr Leistung?