Um vernünftig über die Kräfte die z.B. Reifen auf den Untergrund übertragen reden zu können,
ist es notwendig die Grundlagen der Reibung zu kennen. Solange man nicht einfach physikalische Definitionen ignoriert um die Praxis zu erklären, muss man sich dabei beim „Warum“ nicht immer einig sein.
Sinnvoll ist es auf jeden Fall die Verwendung diverser Begriffe zu klären.
Vielleicht erst mal generell
Wie stellen wir uns Reibung vor wenn wir uns auf die Festkörper beschränken und uns so ganz nebenbei überlegen, dass die gesamten physikalischen Festlegungen schon locker 100 Jahre alt sind?
Reibung und Reibungskraft
Außer dem Widerstand des umgebenden Mediums (Bei uns i.d.R. Luft, Bei Tauchern wäre es Wasser, bei einem Satelliten näherungsweise ein Vakuum) tritt bei Bewegungen die Reibung als energiezehrender Widerstand auf. Sie wirkt zwischen den Berührungsflächen zweier sich berührender fester Körper und hemmt eine Relativbewegung beider Körper gegeneinander.
Zwei „Klötze“ aus unterschiedlichen Materialien liegen aufeinander und der „obere“ soll durch Schieben oder Ziehen bewegt werden. Klar ist irgendwie, dass die Kontaktflächen „glatt“, „fest“ und „eben“ sind und die Kraft zum Schieben / Ziehen parallel zur Kontaktfläche wirkt.
Material:
Als wir im Physikunterricht mit verschiedenen Materialien Versuche zum Thema Reibung machten und uns ein Klotz steinhartes schwarzes Etwas als „Gummi“ präsentiert wurde überzeugte uns erst der Geruch beim Ansengen. „Gummi“ ist, ebenso wie „Kraftfahrzeug“ ein weitläufiger Begriff. Wenn bei Letzterem vom Mofa bis zum Panzer so ziemlich alles gemeint sein kann :-), so ist bei „Gummi“ von steinhart bis fast fliessend auch alles vorstellbar (wobei Chemiker anderer Meinung sein könnten).
Festkörper / fest:
Besagter Gummiklotz ist wohl tatsächlich ein Festkörper, doch wie sieht es z.B. mit dem Spielzeug „Schleim“(Mattel) aus? Ist das ein Feststoff? Einerseits kann man es komplett mit den Händen aufnehmen, andererseits fliesst es fast auseinander. Es hat nahezu die Eigenschaften von Öl (bildet auf einer Fläche auch zusammenhängende „Tropfen“!) wobei man Öl allerdings nicht komplett mit den Händen aufnehmen kann. Bei „Fest“ oder „nicht fest“ scheint es einen weiten Grenzbereich zu geben.
Berührungsfläche
Da lassen sich die Physikformelsammlungen wenig darüber aus. Sie gehen einfach von „glatten, ebenen Flächen aus“. Das heisst glatt auf Partikelebene. Betrachtet man die Oberflächen genau, so stellt man fest, dass für ein Material bestimmte Partikelgrössen typisch und charakteristisch sind. Stahl wird also nicht sehr rau sein weil seine Partikel erst auf Molekularebene „sichtbar“ sind. Die Oberfläche von natürlichem Sandstein kann man sich eher vorstellen. Als anschaulicher Zwitter ist Waschbeton denkbar.Glatt:
Betrachten wir z.B. die Paarung (1.1) so erscheint die Logik normal, während (1.2) (gleiche Materialpaarung!) idiotisch wirkt.
Eben:
Sensorisch glatt ist auch Wellblech (1.3), eben ist es keineswegs.
Jetzt passen alle Vorstellungen?
Dann sehen wir uns Ausschnittvergrösserungen (1.4 & 1.5) an!
OK, wir könnten die Spitzen glätten (1.6). Das könnten wir solange versuchen bis wir auf Molekularebene sind, doch es bleiben Unterschiede und somit auch unterschiedliche „µ“!
„Glatt“ und „eben“ sind relative Begriffe! Es soll hier nicht endgültig geklärt werden wie die Versuchsmaterialien beschaffen sein müssen. Vielleicht genügt „praxisgerecht“?
Jedenfalls würde ich mir keine übermässigen Gedanken machen welche Körnung die Schleifscheibe hat mit der ich eine Stahlplatte ebene und glätte wenn ich sie anschliessend auf Sandstein reiben lassen möchte.
Verwandte Effekte
1. Reibung
2. Formschluss
3. Adhäsion
4. Schlupf
Eine physikalische Definition:
Die Reibungskraft wirkt stets parallel zur Berührungsfläche und ist der Bewegung entgegen gerichtet. Sie beträgt einen Bruchteil der Normalkraft. Da gibt es nichts zu diskutieren, wichtig aber ist der Begriff „Bruchteil“ und dass es sich um eine internationale Festlegung handelt)
Reibung (-sarten)
Haftreibung
Gleitreibung.
Rollreibung
Innere Reibung; Walken; ViskositätNoch ein paar Definitionen
FN = Normalkraft = Kraft, mit der der Körper senkrecht gegen die Unterlage gedrückt wird (in der Waagrechten das „Gewicht“),
FH = Haftreibungskraft
FR = Reibungskraft,
F= Kraft die man entgegen der Reibungskraft zu überwinden hat um z.B. einen Schrank über den Boden zu ziehen/schieben (verrücken).
µ = Reibungszahl, unterschieden in:
µ = Reibungszahl, im Allgemeinen die Gleitreibungszahl
µ0 = µH = Haftreibungszahl (beide Bezeichnungen „0“ oder “H“ werden verwendet)
µR = Rollreibungszahl,
r Radius des rollenden Körpers,
AR = Kontaktfläche, die Fläche mit der zwei Reibpartner aneinander anliegen.Bestimmung der Reibungszahl (nach Kuchling und Wikipedia)
µ= FN / FR
Aus der Formel erkennt man, dass µ nicht grösser als „1“ werden kann wenn die Reibungskraft per Definition ein Bruchteil der Normalkraft ist. Mehr als die Normalkraft, sprich das „Gewicht“ ist ja nicht vorhanden.
Anschaulich: Wenn ich einen Schrank verrücken möchte und die dabei zu überwindende Reibungskraft höher wäre als sein Gewicht, würde ich ihn nicht rücken sondern heben!
Die Reibungszahl lässt sich durch Versuche bestimmen. Man vergrößert z.B. den Neigungswinkel einer schiefen Ebene so lange, bis der aufgelegte Probekörper zu gleiten beginnt (Haftreibung µ0) bzw. gleichförmig gleitet (Gleitreibung µ).
Wenn µ die zu bestimmende Reibungszahl ist,
g der Neigungswinkel der schiefen Ebene = Reibungswinkel
dann gilt, weil unter den genannten Bedingungen Reibungskraft = Hangabtriebskraft
µ x FN = FH
µ*G*cos g = G*sin g‘
µ = sin g / cos g oder
µ = tan g Häufige Irrtümer gemäss Wikipedia
Bei Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Reibungskoeffizient) wird behauptet „µ ist immer kleiner als Eins“ sei falsch. Sehen wir mal davon ab, dass die Behauptung wohl lauten muss „µ ist maximal 1“, ist die Ermittlung einfach so definiert, dass µ maximal 1 werden kann weil µ qua Definition ein Bruchteil der Normalkraft ist! Jedenfalls sind sich darin die Physikbücher / Formelsammlungen von Gymnasien und Uni einig. Abgesehen davon, dass Wikipedia bei „Bestimmung der Reibungszahl“ das noch als richtig betrachtet rückt die zum Beitrag gehörige Wiki-Diskussion das wieder gerade!
Internationale physikalische Festlegungen KANN man nicht ernsthaft ignorieren.
Allerdings ist in Wikipedia auch gleich das Beispiel „Silikonkautschuk als Reibungspartner“ genannt. Dieses Beispiel ist zwar sehr anschaulich, betrifft aber ohnehin nicht die reine Festkörperphysik für die µ gilt! Bei dieser ist bereits die Aussage zur Reibung zwischen „Gummi“ und einem Reibungspartner grenzwertig, weil „Gummi“ keine sauber definierte Materialart ist und deshalb nicht alle Gummitypen (von fast steinhart bis „klebrig“(=adhäsiv) den Festkörpern zuzurechnen sind.
Silikonkautschuk als „Festkörper“ ist dann schon fast witzig.
>> Siehe AdhäsionReib- oder Kontaktfläche
Nach der reinen Physik spielt bei der Reibung die Grösse der Kontaktfläche „AR“ keine Rolle. Bei gleichem Reibungskoeffizienten „µ“ kann, unabhängig von der Fläche(!), die gleiche Kraft übertragen werden. Der grössere/kleinere Flächendruck kompensiert die kleinere/grössere Fläche.
Diese rein physikalische Betrachtung nimmt allerdings keine Rücksicht darauf ob eine kleine Fläche der Belastung durch die zu übertragende Leistung standhält. In der Grafik hiesse das, dass die Fläche unter dem Druck der drei gestapelten „Teilchen“ nachgibt (u.U. ein Formschluss entsteht) oder sich das unterste Teilchen abraspelt (u.U. „glatter“ wird) wenn in Pfeilrichtung gezogen wird.
Beachte:
Die Reibungskraft ist unabhängig von der Größe der Kontaktfläche. Doch wieso sind dann die Reifen der Formel 1 so breit? >>Siehe „Formschluss“ und „Grip“!)
Voranstellen sollte man vielleicht (meint auch Wikipedia):
Unter Reibung wird üblicherweise ein dissipativer Prozess verstanden, also ein „energiezehrender“ Prozess, bei dem die (kinetische) Energie unter Zunahme der Entropie in Wärme umgewandelt wird. Im Gegensatz zur Roll- und Gleitreibung ist dies bei der Haftreibung im Allgemeinen nicht der Fall, da eine Kraft, die nicht zur Bewegung des Körpers führt, keine Arbeit verrichtet. Aus diesem Grund wird die Bezeichnung „Haftreibung“ ihre Klassifikation als Reibung als solche von Physikdidaktikern stark kritisiert.
Aber nehmen wir einfach Kenntnis und denken bei Bedarf daran, dass es auch z.B. „Haftkraft“ heissen könnte (Kukident lässt grüssen!!). An den Vorgängen in der Praxis ändert sich deshalb nichts.
In Bezug auf Reifen ist das allerdings die interessanteste Komponente!
1.1.1. Haftreibung
oder Ruhereibung (-skraft) ist eine Kraft, die das Gleiten sich berührender Körper verhindert. Sie tritt auf, wenn ein Körper auf seiner Unterlage ruht und in Bewegung gesetzt werden soll. Die Reibungszahl wird meist mit µ0 oder µH bezeichnet. Soll der Schrank aus oben stehendem Beispiel verrutscht werden so zerrt man erfahrungsgemäss zuerst wie wild bis sich das Ding, wenn die Haftreibung in Gleitreibung übergeht, mit einem Ruck in Bewegung setzt und dann relativ leicht gleitet.
Der Zustand ausreichender Haftreibung heißt Haften und schließt ggf. Kriechen ein.
Haften ist ein Zustand der Ruhe, so dass weder Verschleiß noch Energieverluste auftreten. Es ist eine Kombination von Formschluss im Kleinen, durch Rauigkeit als Gestaltabweichung 3. bis 5. Ordnung, der bei Bewegung zerstört würde, und molekularem Kraftschluss im Kleinen durch molekulare Anziehungskräfte, also Adhäsion. Dagegen wird beim zum Beispiel beim Kleben, ein Stoffschluss hergestellt (Verbindung mehrerer Körpern zu einem, aus mehreren Stoffen bestehenden Körper).
Voraussetzung für das Auftreten von Haftreibung ist, dass sich zwei Körper berühren und die Kontaktfläche durch eine äußere Kraft F auf Scherung belastet wird. Es baut sich eine entgegengesetzte, betragsgleiche Kraft FH = - F auf, die eine Relativbewegung der beiden Oberflächen verhindert. Steigt die Scherkraft F, so wächst zunächst auch die Kraft FH. Dies geschieht jedoch nur bis zu einem Grenzwert, FH krit. Überschreitet die Scherkraft diese Haftreibungsgrenze, so wird sie nicht mehr vollständig durch die Haftkraft kompensiert. Es bleibt eine resultierende Kraft, die zu einer Beschleunigung des Körpers führt.
Ist der Körper in Bewegung, so wirkt keine Haftreibung mehr. Die Kraft, die beim Gleiten der Bewegung entgegenwirkt, heißt Gleitreibung FR und ist im Allgemeinen geringer als FH krit.
Berechnung der Haftreibung
Da die Haftreibung stark von Materialeigenschaften und Oberflächenbeschaffenheit abhängt kann sie nur in grober Näherung durch einfache physikalische Gesetzmäßigkeiten beschrieben werden. Danach ist die maximale Haftreibung FH krit. proportional zu der Normalkraft FN und unabhängig davon, wie groß die Kontaktfläche AR ist. Die Normalkraft ist die Kraft, die senkrecht zur Kontaktfläche, der Anpresskraft (in nebenstehender Abbildung beispielsweise die Gewichtskraft FG entgegenwirkt. Somit gilt:
FH krit.= µH * FN
Die Proportionalitätskonstante µH wird Haftreibungskoeffizient oder Haftreibungszahl genannt. Bei zunehmendem Anpressdruck steigt die übertragbare Scherspannung nur bis zur Fließgrenze an.
1.1.2. Gleitreibung. Sie wirkt bei einer bereits bestehenden Bewegung und ist erheblich kleiner als die Haftreibung (µ<µ0=µH).(KOM 07: ja, siehe auch KOM06)
1.1.3. Rollreibung: Sie tritt auf wenn der Körper auf der Unterlage rollt, und ist noch wesentlich kleiner. Da hierbei der Radius des Körpers mit in die Rechnung eingeht, kann nicht mit (F01) gerechnet, werden. (KOM 08: Hat mit der Reifenhaftung wenig zu tun. Es ist mehr oder weniger die Kraft mit der ein Rad am Boden „klebt“. Da sind Eisenbahnräder im Vorteil weil Räder mit harter Oberfläche sehr wenig walken. Eventuelle Hindernisse (Schotterweg) sind bei KOM: 09 zu betrachten.
Es gilt
FR = µR * FN / r R [cm]; µ‘ =[1/cm]
1.1.4. Innere Reibung >> Viskosität, Walken
Offen gestanden beherrsche ich die notwendigen Formeln nicht um den Vorgang zu beschreiben weshalb Öl, auch noch temperaturabhängig, zäher fliesst als Wasser oder wie die Kraftverhältnisse sind wenn sich Reifen oder auch Wälzlager(!) dynamisch verformen sobald man sie, gegen eine Unterlage gedrückt, abrollt. Erfahrungsgemäss werden sie dadurch warm und diese Temperaturzunahme lässt sich durch Reibungsverluste erklären.
2. Formschluss 2.1. Makroverzahnung /-rauigkeit
Es hat nichts (oder wenig) mit Reibung zu tun wenn sich beim Reifen das Profil mit den Kanten des Untergrunds verhakt (Stollen an einer Felskante) oder diesen verformt (Stollen im Matsch)
Jeder versteht sofort, dass sich ein TKC80 mit seinen Stollen in relativ weichem Untergrund „verhakt“ und deshalb für besseren Grip sorgt als ein Slick. Das aber ist weder Reibung noch Haftreibung sondern in erster Linie Formschluss (+ ein bisschen Reibung)! Das Ganze heisst dann „Makroverzahnung“.
Bei Stollenprofil und weichem Untergrund oder Spikes bei Eis ist „Formschluss“ leicht verständlich aber bei Strassenreifen? Dient das Profil nicht eher nur dazu das Wasser abzuleiten um Aquaplaning zu begegnen?
Lassen wir den Fall „Wasser auf der Fahrbahn“ und Profil vorübergehend beiseite und betrachten wir einen Slick (9).2.2. Mikroverzahnung /-rauigkeit
Je kleiner die Reifenaufstandsfläche (desto grösser ist die Last pro Flächeneinheit) und /oder je weicher und/oder heisser die Gummimischung, desto tiefer werden sich die Unebenheiten des Fahrbahnbelags „eingraben“.
Bei sehr weichen Gummimischungen und gegebener Normalkraft werden die Unebenheiten „vollkommen“ ausgefüllt. Hier ist die Erklärung für den Sinn der breiten Reifen in der Formel1! Es ist tatsächlich so, dass die Aufstandsfläche nichts an der Reibung im Sinne von µ ändert. Wäre nur die Reibung zu beachten, würde ein Formel 1 mit Fahrradreifen (mit gleicher Gummimischung) in erster Näherung genauso beschleunigen wie mit seinen breiten Walzen!
Doch da haben einige „Kleinigkeiten“ Einfluss:
Die erste „Kleinigkeit“ ist der Verschleiss: Die beim Anfahren frei aufgewendete Energie würde „das bisschen Gummi“ überfordern. Also verteilt man die Energie auf eine grössere Fläche. Das bringt zwar nicht mehr Reibung doch eine geringere spezifische Belastung pro Flächeneinheit.
Die zweite „Kleinigkeit“ ist der Formschluss:
Um hohe Momente zu übertragen ist Formschluss eine sehr gute Voraussetzung (Zahnradbahn!) und kann gesteigert werden indem man die Aufstandsfläche so gross wählt (Reifendruck / -breite) und die Gummimischung so „einstellt“, dass Mikrounebenheiten weitgehend genutzt werden können.
Demnach ist es günstig die Reifen so breit wie möglich zu machen? Nein, da gibt es Abhängigkeiten. Bei gegebener Normalkraft (sprich: Fahrzeuggewicht) müsste die Gummimischung immer weicher werden weil sie sich sonst nicht ausreichend mit dem Untergrund verzahnt. Roll-, Luftwiderstand und Aquaplaningneigung werden zunehmend grösser. Reglements bei Rennen seien ganz unbeachtet.
Dieser Mikroformschluss besteht bis, aufgrund des Drehmomentes, entweder die Lauffläche einreisst (verschleisst) oder die „Mikrozähne“ des Asphalts brechen. Teilweise, speziell bei heissen Reifen, existieren bereits Adhäsionskräfte (sie kleben im wahrsten Sinn des Wortes!).
Zurück zum Profil.
Überall dort wo am Reifen (Negativ-)Profil ist kann sich dieser nicht mit dem Fahrbahnbelag verzahnen. Folgedessen ist Profil abträglich für den Grip (die Formel 1 flucht über „befohlene“ Rillen!). Zumindest wenn wir einen für Trockenheit und „feste Fahrbahn“ optimierten Reifen ansehen. Ein für Nässe und „feste Fahrbahn“ optimierter Reifen („wet“) hat sehr viel Profil das einerseits dazu dient das Wasser abzuleiten und andererseits mit den vielen Profilkanten ein bisschen Formschluss herzustellen. Seine Gummimischung ist extrem weich um mit weniger Fläche (wo Profil ist, ist kein Gummi!) dennoch viel Energie übertragen zu können. Wird sie mangels Wasser nicht mehr gekühlt verbrennt sie im wahrsten Sinn des Wortes.
Der Trend geht zum Spezialreifen.
Die Sommerreifen moderner PKW haben kaum noch Querprofil. Sie sind für feste Fahrbahnen, Regen und Haltbarkeit optimiert.
Der TKC 80 hat starkes Profil in beiden Richtungen um Vortrieb (Querprofil) und Seitenführung (Längsprofil) zu ermöglichen. Die Gummimischung ist eher hart weil sie weniger für einen Mikroformschluss gedacht ist, sondern eher dazu „weichen“ Untergrund zu verformen oder sich zu verhaken und sich so den Makroformschluss zu verschaffen. Das bei der Verformung verdrängte Material muss „irgendwo“ hin (in’s Profil). Ausserdem braucht man für die Verformung Kraft und so wird die Last pro Fläche (gegenüber einem Strassenreifen) erhöht indem man mehr Negativprofil (also“ Rillen“)verwendet und so den spezifischen Druck „steigert“ und eher schmale Reifen verwendet.
Aufgrund dieses „hohen“ spezifischen Drucks „mikroverzahnt“ sich auch die Lauffläche der „harten“ Stollen halbwegs mit der Fahrbahn.
Grob ausgedrückt:
Makroverzahnung: Formschluss zwischen Reifenprofil und vorhandenen (wie z:.B. grober Belag) oder geschaffenen (z.B. Stollen im weichen Untergrund) Unebenheiten der Fahrbahn > Reifen nutzt/verformt die Fahrbahn
Mikroverzahnung: Reifenlauffläche schmiegt sich um Mikrorauigkeiten der Fahrbahn > Fahrbahn verformt Reifen.
3. Adhäsion
Ein Grenzbereich von Physik und Chemie. Bekanntes Beispiel: Breitet man eine Haushaltsfolie über einen möglichst glatten, festen(!) Untergrund, so saugt sie sich förmlich an. Versucht man, wie oben beschrieben, sie parallel zur Reibfläche wegzuziehen so ist das praktisch unmöglich.
Sie haftet derart extrem, dass sie eher abreisst.
Mit Haftreibung hat das allerdings nichts mehr zu tun sondern es ist Adhäsion.
Adhäsion umfasst die Haftkräfte an den Kontaktflächen zweier unterschiedlicher oder gleicher Stoffe durch Molekularkräfte.
Die Folie haftet ohne Klebstoff auf glatten/glänzenden Oberflächen mittels der Anziehungskraft der Moleküle zwischen beiden Materialien. Voraussetzung ist, dass sich die Moleküle so nahe wie möglich kommen, um eine Adhäsion zu erreichen. Deshalb funktioniert dies nur auf glatten Oberflächen, beispielsweise als Schutzfolien auf Displays oder Tönungsfolien auf Glas von Kraftfahrzeugen.
Die Stoffe können sich in festem oder in flüssigem Zustand befinden. Im Bereich der Klebstoffe versteht man unter Adhäsion die Haftung von Klebschichten an den Fügeteiloberflächen. Die Vorgänge bei der Adhäsion sind noch nicht vollständig aufgeklärt. Sie gestalten sich besonders schwierig, weil die Abhängigkeiten zwischen den Klebstoffsystemen und den verschiedenen Fügeteiloberflächen sehr komplex sind.
4. Schlupf
(nach Wikipedia von „schlüpfen”; auch hierzu die Diskussion lesen!!) bezeichnet im Allgemeinen das Abweichen der Geschwindigkeiten miteinander in Reibkontakt stehender mechanischer Elemente oder Fluide unter tangentialer Belastung. Wenn F (also die aufgewendete Kraft) höher ist als die Haftreibungskraft entsteht Schlupf. ( OK; also z.B. wenn ein Reifen beim Beschleunigen durchdreht).
Bei glatten, ebenen Körpern ist das nicht ganz einfach zu erklären. Ist die aufgewendete Kraft gerade so gross, dass die Reibungskraft überwunden wird so bewegt man „nur“ einen Körper über den anderen. Ist sie grösser, so wird der Körper beschleunigt.
Einfacher vorzustellen ist das bei einem angetriebenen Rad. Ist die Kraft hier zu hoch, dann dreht es, abhängig vom Reibungspartner (= Strassenbelag) durch. Beschleunigt es dabei noch, so teilt sich die Kraft in Vortriebskraft und Schlupf, beim BurnOut besteht nur noch Schlupf (oder die Vortriebskraft wird durch die Vorderradbremse vernichtet).
Wikipedia behauptet: „Ohne Formschluss ist Schlupf die Voraussetzung für Energieübertrag.“
Doch weshalb sollte das so sein? Wenn beim Formschluss kein Schlupf bestehen muss (Zahnradbahn) weshalb MUSS es dann überhaupt sein? Unbestritten ist allerdings, dass bei Nicht-Formschluss und Energieübertragung IMMER ein zumindest ganz winziger Anteil Schlupf auftreten wird. Doch das ist nicht Voraussetzung sondern Resultat!
Anschaulich: Soll mal jemand versuchen ein bisschen Schlupf einzusetzen damit sich ein Rad dreht! Woher nimmt man Schlupf und wie wendet man ihn an? Schlupf „besteht“ aus Verlusten! Ebenso gut kann man eine Glühbirne mit Abwärme zum Leuchten bringen wollen!
Die weitere Feststellung „Auch umgekehrt gilt: Ohne Energieübertrag kein Schlupf.“ ist wiederum korrekt.
Schlupf ist letztlich der Anteil von eigentlich unerwünschtem Energieüberschuss bei der Energie verloren geht und in Wärme umgewandelt wird. Diese Wärme heizt, gemeinsam mit der Energie aus dem Walkvorgang, den Reifen auf und macht die Lauffläche „klebriger“ und steigert somit die „Haftung“. Letztlich ist Schlupf -bis zu einem bestimmten Grad- gar nicht so unerwünscht, verbessert den Energieübertrag, ist aber keinesfalls Voraussetzung!
Ob man diese Eigenschaften des Formschlusses, gemeinsam mit der Haftreibung in einer Formel zu nur einem Faktor vereint ist egal. Dieser Faktor heisst dann aber nicht Reibungszahl und schon gar nicht „µ“ sondern meinetwegen „Gripfaktor“.
Weshalb existiert fast „überall“ die Behauptung „µ“ könne auch grösser als „1“ sein?
„Es gibt auch Reibwerte grösser als 1“, „ich hab‘s in MOTORRAD gelesen (der Techniker von PIRELLI hat das gesagt, etc.)“
Geometrisch lässt sich recht einfach ermitteln, dass bei µ=1 (dem möglichen Maximum) mit dem Mopped eine maximale Schräglage von 45 Grad realisierbar ist. Doch jeder der bereits einmal ein Moppedrennen gesehen hat wird sagen „das ist Quatsch, die Schräglage ist auch mal grösser!
Folgedessen muss µ auch grösser als 1 sein können?
Nein, wir versuchen lediglich eine Tatsache (diese Schräglage) mit zu wenigen Parametern zu beschreiben!
Allgemein ausgedrückt besteht zwischen Reifen und Fahrbahn „Haftkraft“.
Betrachten wir als anschauliches Beispiel ein Eisspeedwayrennen. Den klassischen Fall der Reibung zweier sich berührenden ebenen und glatten Flächen kann man sofort vergessen. Die Eisspikes graben sich förmlich in das Eis und erzeugen einen Formschluss. Das hat mit Reibung nicht übermässig zu tun! OK, ein Sonderfall?
Dann ein Rundstreckenrennen. Der Asphalt ist, im Vergleich zu „normalen“ Strassen „richtig“ rau, die Reifenlauffläche ist profillos und so weich, dass man sie mit dem Fingernagel eindrücken kann! Hier kommt die Mikrorauigkeit zum Tragen
Grip
Leider ist Grip“ weder ein physikalischer noch ein vereinheitlichter Begriff sondern beschreibt nur eine Tatsache die sich aus verschiedenen Komponenten, unter Anderem der Haftreibung, Formschluss und Adhäsion zusammensetzen.
Nachdem „Grip“ kein physikalischer Begriff ist gibt es für ihn auch keine Einheit. Ich verwende den Begriff „Grip“ um die Summe der vom Reifen übertragenen Kräfte zu beschreiben.
In Ermangelung eines passenden Beiwerts kann dafür nicht einfach die Definition von µ missbraucht werden! Wenn z.B. von „Gripfaktor“ die Rede wäre gäbe es keine Missverständnisse.
Eine mögliche Formel die die angesprochenen Faktoren von Haftreibung, Mikro- / Makroformschluss, Adhäsion und Schlupf berücksichtigt, könnte also heissen:
FGRIP = FN*µ0*(fMAKROFORM*fMIKROFORM)* (gADHÄS* gSCHLUPF) = FN*µ0*fFORM * gGES
Wobei „f“ und „g“ Faktoren sind die grösser als 1 sein dürfen.
Nachdem µ0 bei Rennreifen nahe 1 sein dürfte, könnte man auch verkürzen zu
FGRIP = FN *fREIF
Nachdem das keine allgemeine physikalische Festlegung ist, muss man eben erklären was fREIF sein soll (gemeinsamer Faktor für Haftreibungszahl und selbst definierten Faktoren für Formschluss, Schlupf und Adhäsion). Weiterhin muss man erklären bei welchen Temperaturen die jeweilige Betrachtung gilt oder einen Temperaturfaktor einführen.
Wie das jeder für sich nennt ist egal, nur sollte man korrekt kommunizieren. Nenne ich mein Mopped „Elefant“ und rede dann immer davon was mein Elefant kann, werde ich schnell vor die Frage gestellt ob ich spinne. Selbst dann, wenn ich Tierpfleger wäre!
Das Gleiche gilt für „µ“!
5. Normalkraft
Sieht man sich die Formel an, so kann man auf die Idee kommen, dass auch eine höhere Normalkraft (vulgo „Gewicht“) den Grip verbessert. Zumindest mir geht es so, dass ich den Eindruck habe schneller um Kurven zu kommen wenn ich meine Sozia dabei habe (ein Sack Zement wäre von der Schwerpunktlage besser, ist aber weit schwieriger zu befestigen :-)). Nachteilig ist, dass die Beschleunigungswerte leiden.Doch macht sich die Physik diesen Wunsch ohnehin zu Eigen! Jeder weiss, dass ein Fahrzeug beim Beschleunigen dazu neigt „hinten“, beim Bremsen „vorn“ „in die Knie“ zu gehen. Der merkliche Effekt ist umso höher je höher das Fahrzeug ist. Physikalisch nennt sich das dynamische (Rad)-Lastverteilung. Generell möchte der Schwerpunkt immer im momentanen Zustand verharren. Beim Beschleunigen greift die Kraft (beim KFZ am Aufstandspunkt)
unterhalb des Schwerpunktes an. Dieser will „stehenbleiben“, das Rad möchte zur Not unter ihm durch. Der Schwerpunkt wird nach hinten verlagert, es kommt zum Wheelie und im Extremfall wird’s ein Überschlag. Ist das Vorderrad in der Luft, so liegt die komplette Last auf dem Hinterrad, der Schwerpunkt rückt näher zur Senkrechten über der Aufstandsfläche und somit ist auch FN grösser!
Beim Bremsen gilt der gleiche Effekt, nur umgekehrt.
Kennt auch jeder vom Auto. Ist es glatt, beschleunigen gut beladene Hecktriebler (BMW) besser als Frontler (Audi). Zum Ausgleich fahren die Hecktriebler tendenziell dann eher geradeaus während die Frontler auch um die Kurve kommen. AUDI führte den Quattro übrigens nicht ein weil sie Sportfahrzeuge bauen wollten, sondern weil damals mehr als 150PS nic ht mit dem propagierten Frontantrieb vereinbar waren und BMW & Benz in einer anderen Liga spielten! Porsche kann dagegen seine exzellenten Bremsen bei Glätte nicht voll ausspielen weil die Vorderachse einfach zu leicht ist.
Fahrwiderstand
Nur um diesen Begriff zu erläutern: Für Fahrzeugräder wirken nicht nur die Rollreibung am Umfang des Rades und die innere reibung (das Walken), sondern auch noch die Reibung in den Achslagern energiezehrend. Beide Reibungszahlen und den Radius des Rades fasst man in der Fahrwiderstandszahl zusammen. Sie hat nichts mit der Haftung zu tun. Das sind die Einflüsse die das System beim Rollen behindern. Betrachtet man auch den Strassenbelag als Einflussfaktor zur Rollreibung, ist der Wert nicht konstant.
Zusammengefasst
Die Kraftübertragung mit einem Reifens erfolgt nicht nur durch Reibung sondern auch durch Formschluss und Adhäsion.
Deshalb ist das Formelzeichen „µ“ vollkommen unangebracht wenn man die Kräfte mit einer mathematisch-physikalisch beschreiben will. Dies gilt extrem dann, wenn „µ“, entgegen seiner physikalischen Definition (!), grösser als 1 wird/würde.
Es gibt (meines Wissens) weder eine standardisierte physikalische Formel noch einen definierten Begriff um die Kräfte zwischen Reifen und Untergrundzwischen zu beschreiben/benennen.
Die Summe der aus verschiedenen Komponenten zusammengesetzten Kräfte habe ich in dieser Beschreibung mit „Grip“ benannt.
Haftreibung ist eine der Komponenten für den Grip.
Gleitreibung tritt auf bei Schlupf. Dabei ist es egal ob sie in Fahrtrichtung (bremsen, beschleunigen) oder seitlich (Drift) wirkt.
Der Fahrwiderstand incl. Gleitreibung und Luftwiderstand wirken auf den Verbrauch.
Links:
Fahrphysik-Reibung oder Grip
Fahrphysik-Reifenbreite
Fahrphysik-Reifendruck
Fahrphysik-Reifenhaftung und Beschleunigung
Fahrphysik-Reifenprofil
Fahrphysik-Schräglage